Rettung aus ewigem Eis

Sydney · Die Expeditionsteilnehmer unterhielten die Welt über Weihnachten und Neujahr mit Gute-Laune-Videos. Für die Besatzung der zu Hilfe geeilten Eisbrecher war der Einsatz kein Spaß. Und er kostete Millionen.

Aufgekratzt wie Kinder auf Klassenfahrt gingen die 52 Teilnehmer der Antarktis-Expedition am Donnerstag von Bord zum Helikopter. Nach neun Tagen im Eis konnten sie das eingeschlossene Forschungsschiff "MV Akademik Shokalskiy" nicht schnell genug verlassen. Die Hubschrauberaktion zur Rettung war heikel, das Aufatmen groß, als alles wie am Schnürchen lief.

Australische Medien schätzen den Preis für die Rettungsaktion der Wissenschaftler und Touristen auf mehrere Millionen Dollar. Kosten für Such- und Rettungsaktionen werden laut Statut der australischen Seesicherheitsbehörde (Amsa) zwar getragen. Das dürfte allerdings nicht mögliche Forderungen der Eigner der zur Hilfe herbeigeeilten Eisbrecher einschließen.

Das Internationale Übereinkommen zum Schutz des menschlichen Lebens auf See (Solas) verpflichtet Schiffe auf hoher See, auf Notrufe umgehend zu reagieren. In der Regel kann der Eigner des in Not geratenen Schiffes später zur Kasse gebeten werden. Die "Shokalskiy" fährt unter russischer Flagge - die Australasiatische Antarktis-Expedition 2013/14 hat sie gechartert.

Drei Eisbrecher hatten seit Heiligabend ihren Kurs geändert, um der "MV Akademik Shokalskiy" zur Hilfe zu eilen. Das französische Schiff drehte nach drei Tagen wegen der aussichtslosen Lage ab und wurde aus der Helferpflicht entlassen, aber die Eisbrecher "Snow Dragon" aus China und die "Aurora Australis" aus Australien mussten ihre eigentliche Arbeit tagelang unterbrechen. So war die "Aurora" dabei, Nachschub und wissenschaftliche Geräte an der australischen Antarktis-Station Casey auszuladen, als der Notruf kam. Innerhalb von Stunden eilte sie zum Noteinsatz, wie einer der Wissenschaftler an der Station, Joe McConnell, dem "New York Times"-Reporter Andrew Revkin schrieb.

McConnell wies außerdem daraufhin, dass die kurz- und langfristigen Folgen für das australische Forschungsprogramm enorm seien. Das dürfe auch für das französische und chinesische Programm gelten, weil ihre Eisbrecher umgeleitet wurden. "Viele Leute können ihre Forschungsprojekte, die sie teils jahrelang vorbereitet haben, nicht fortsetzen, weil ihr Material immer noch an Bord der ,Aurora' ist", so McConnell.

Allerdings war die "Shokalskiy" selbst auf wissenschaftlicher Mission unterwegs. Expeditionsleiter Chris Turney ist Klimaforscher. Er wollte Eisveränderungen in der Antarktis über einen langen Zeitraum dokumentieren. Dazu folgte er der Route des Polarforschers Douglas Mawson, der die Region vor 100 Jahren erkundete.

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