„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ Diese Redewendungen haben ihre Herkunft aus den Oster-Evangelien

„Möge dieser Kelch an mir vorübergehen“ – einige Redewendungen aus unserem Alltag haben ihren Ursprung in den Oster-Evangelien. Ein Überblick.

Redewendungen & Sprichwörter: Herkunft aus den Oster-Evangelien
Foto: dpa/Nicolas Armer

Die Bibel steckt voller Redensarten und Sprachbilder. Dies gilt insbesondere für die Evangelien und ihre Geschichten zu Ostern, die sich tief in Sprache und Bewusstsein der Deutschen eingegraben haben. Autor Mirko Krüger hat in seinem Buch „Ostern. Populäre Irrtümer und andere Wahrheiten“ mehrere Beispiele aufgeführt. Wir ergänzt einige Redewendungen und erläutert sie.

„Ehe der Hahn kräht, wirst Du mich drei Mal verleugnet haben“

Mit diesem Satz weist Jesus Petrus in die Schranken, als der Jünger vollmundig ankündigt, er werde seinen Meister auf jeden Fall verteidigen und nicht, wie von Jesus angekündigt, von ihm abfallen. Der Satz aus dem Matthäus-Evangelium hat es unter anderem zum Roman-Titel („Ehe der Hahn kräht“ von Jens Björneboe) und zum Titel eines gleichnamigen Spielfilms über NS-Verbrechen in der Slowakei gebracht. Als Redewendung wird der Satz verwendet, um Zweifel an einer Aussage oder Person zu formulieren. Bekannt ist auch der Umkehrschluss: „Danach kräht kein Hahn mehr“ - im Sinne von: Das interessiert niemanden mehr, das ist längst vergessen.

„Möge dieser Kelch an mir vorübergehen“

Mit den Worten „Mein Vater, wenn es möglich ist, gehe dieser Kelch an mir vorüber. Doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst“ ringt Jesus im Garten Gethsemane mit seinem drohenden Schicksal. Auch heute wird mit der Redewendung der Wunsch formuliert, vor einer schwierigen Situation oder einer unangenehmen Aufgabe bewahrt zu werden. Der von den Nazis hingerichtete evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer verwendete das Sprachbild in seinem berühmten Gebet „Von guten Mächten“ mit der an Gott gerichteten Zeile „Und reichst Du uns den schweren Kelch, den bittern...“

„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“

Auch diesen Satz legt das Matthäus-Evangelium dem am Ölberg auf seine Verhaftung wartenden Jesus in den Mund. Er beschreibt damit die Schwäche der Jünger, die eingeschlafen sind und deshalb nicht mit ihm beten. Heutzutage wird die Redensart gern benutzt, um das Handeln gegen eigene Vorsätze zu rechtfertigen: Man möchte Sport treiben, liegt aber faul auf dem Sofa. Zugleich beschreibt die Antithese aus „willigem Geist“ und „schwachem Fleisch“ auch die grundsätzliche Widersprüchlichkeit des Menschen.

„Wer das Schwert nimmt, soll durch das Schwert umkommen“

Mit diesen Worten gebietet Jesus dem Petrus Einhalt, als der Jünger seinen Herrn verteidigen und seine Verhaftung durch die Knechte des Hohepriesters gewaltsam verhindert will. Der Satz wird derzeit häufiger im Zusammenhang mit der Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine diskutiert. Auch in der Literatur spielt die - bisweilen abgewandelte - Redewendung mehrfach eine Rolle - beispielsweise in Georg Büchners Warnung im „Hessischen Landboten“: „Wer das Schwert erhebt gegen das Volk, der wird durch das Schwert des Volkes umkommen.“

„Judaskuss“

Als der abtrünnige Judas Jesus im Garten Gethsemane einen Kuss gab, war das für die Soldaten das Zeichen, Jesus gefangen zu nehmen. Diese Geste ist zum Inbegriff des Verrats und der Falschheit geworden. Der Judaskuss ist deshalb ein so starkes Symbol, weil der Kuss in allen menschlichen Kulturen als Zeichen der Ehrerbietung, der Freundschaft und der Liebe gilt. Mit dem Bericht vom Verrat des Judas lieferten die Evangelien auch eine Blaupause für jahrhundertelangen kirchlichen Antijudaismus: Das Klischeebild vom Juden, der schachert und durch unsaubere Machenschaften auffällt, erwies sich als tödliches Erbe für Millionen.

Etwas für 30 Silberlinge verkaufen

Gemeint ist der ebenfalls sprichwörtliche Judaslohn. Für seinen Verrat an Jesus erhielt Judas 30 Silberlinge. Wer etwas für 30 Silberlinge verkauft, verrät seine eigene Sache, noch dazu für ein schäbiges Entgelt.

Von Pontius zu Pilatus laufen

Laut Lukas-Evangelium wurde Jesus nach seiner Verhaftung zunächst zum jüdischen Hohen Rat gebracht, der ihn anschließend an den römischen Statthalter Pontius Pilatus übergab. Pilatus schickte ihn, weil er nichts mit ihm anzufangen wusste, an König Herodes. Er und seine Soldaten verspotteten Jesus, schickten ihn aber anschließend zu Pilatus zurück. Dieses ratlose Hin- und Herschieben Jesu zwischen den verschiedenen Instanzen wurde zu „von Pontius zu Pilatus laufen“ verkürzt. Gemeint ist damit, dass Menschen manchmal viele unnütze Wege gehen müssen - etwa zu Behörden. Auch wer eine passende Wohnung sucht, wird bisweilen von Pontius zu Pilatus geschickt.

Seine Hände in Unschuld waschen

Das Matthäus-Evangelium berichtet, dass Pilatus eigentlich von der Unschuld Jesu überzeugt war, ihn jedoch auf Druck der Priester und Schriftgelehrten und des Volkes zum Tode verurteilte. Um zu dokumentieren, dass er mit dem Urteil eigentlich nichts zu tun haben wollte, ließ er eine Schüssel mit Wasser bringen, wusch sich die Hände und erklärte: „Ich bin am Blut dieses Menschen nicht schuldig.“ Gebraucht wird dieses geflügelte Wort seitdem, wenn jemand die Verantwortung für etwas zurückweist und mit einer Entscheidung oder einem Vorgang nichts zu tun haben will.

Nach Emmaus gehen

Der Gang nach Emmaus stammt aus dem Lukas-Evangelium. Es berichtet, dass zwei Jünger nach Jesu Tod voller Verzweiflung in das Dorf Emmaus gehen. Unterwegs begegnet ihnen der auferstandene Jesus, den sie aber zunächst nicht erkennen. Erst als sie gemeinsam das Brot brechen, gehen ihnen die Augen auf. In Anlehnung an diesen Bericht gibt es mancherorts die Tradition, „nach Emmaus zu gehen“, also sich am Ostermontag mit Gemeindemitgliedern, Freunden oder als Familie zu einem Osterspaziergang zu verabreden.

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