Rausschmiss wegen 80 Cent

Reutlingen. Er verfügte über einen Millionen-Etat, aber seinen Job hat er verloren, weil er einen Essens-Bon im Wert von 80 Cent für seine Freundin einlöste. Eine Bagatelle, meinte der 35-Jährige und klagte gegen die fristlose Kündigung. Das Arbeitsgericht Reutlingen gab ihm am Dienstag recht. Ob der 35-Jährige jetzt an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren wird, ist aber noch offen

 80 Cent kosteten ihn den Job, doch die Kündigung ist unwirksam. Foto: dpa

80 Cent kosteten ihn den Job, doch die Kündigung ist unwirksam. Foto: dpa

Reutlingen. Er verfügte über einen Millionen-Etat, aber seinen Job hat er verloren, weil er einen Essens-Bon im Wert von 80 Cent für seine Freundin einlöste. Eine Bagatelle, meinte der 35-Jährige und klagte gegen die fristlose Kündigung. Das Arbeitsgericht Reutlingen gab ihm am Dienstag recht. Ob der 35-Jährige jetzt an seinen alten Arbeitsplatz zurückkehren wird, ist aber noch offen. Der Sportbekleidungshersteller aus der Nähe von Reutlingen überlegt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen.

Der ganze Streit dreht sich um ein Mittagessen am 27. November 2009. Ausnahmsweise nahm der 35-Jährige, der als Einkäufer in der Firma arbeitete, seine Lebensgefährtin zum Essen mit in die Kantine.

Von einem Kollegen hatte er sich ein Märkchen besorgt, mit dem er das Essen seiner Freundin bezahlte. Damit verstieß er gegen eine Dienstanweisung: Jeder Mitarbeiter darf seine 15 Essensmärkchen im Monat nur für sich selbst einsetzen. Der Fall flog auf, und die Firma griff zu drastischen Mitteln: Der Kollege, von dem das Märkchen stammte, bekam eine Abmahnung, der 35-Jährige die fristlose Kündigung. Das Vertrauen sei zerstört worden, sagte der Anwalt des Bekleidungsherstellers. Ganz so einfach liege der Fall nicht, betonte dagegen der Vorsitzende Richter Werner Schwägerle. Zwar sei das Tauschen der Essensmarke prinzipiell ein Kündigungsgrund - auch wenn es nur um 80 Cent geht. "Aber er hat sein Fehlverhalten eingeräumt." Die Entlassung sei deshalb zu hart. Eine Kündigung dürfe keine Strafe für einen begangenen Fehler sein. Die entscheidende Frage ist also: Kann man davon ausgehen, dass der 35-Jährige seinen Arbeitgeber erneut betrügen wird? Der Arbeitgeber sagt Ja. "Entscheidend ist, dass der Täter planvoll vorgegangen ist und seine Tat noch verschleiern wollte", sagte der Anwalt des Unternehmens. Weshalb sonst habe er sich eine Marke von seinem Kollegen besorgt, statt zwei seiner eigenen zu nehmen? "Ihm kam es auf den Geldvorteil an, von dem wir alle sagen, er ist lächerlich. Da hört der Spaß auf."

Der Anwalt des 35-Jährigen sieht das völlig anders: Wer in der Kantine - ohne groß darüber nachzudenken - verbotenerweise einen Essens-Bon für 80 Cent einlöse, sei deshalb nicht gleich ein Betrüger, der auch große Summen in die eigene Tasche wirtschafte. So sahen es am Ende auch die Richter: Die Kündigung sei unangemessen und unwirksam. dpa

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