Rätselhafte Irrfahrt

Washington · Eine 34-jährige Mutter mit einem Kleinkind im Auto riskiert ihr Leben bei einer Verfolgungsjagd im Herzen der amerikanischen Hauptstadt. Der Tod der Zahnpflegerin Miriam Carey gibt Rätsel auf.

Fieberhaft suchen die Sicherheitsbehörden nach dem Motiv für den bizarren Zwischenfall, der das Zentrum Washingtons am Donnerstag in eine Blaulicht-Festung verwandelt hatte. Das Drama beginnt in der Nähe des Weißen Hauses, als eine schwarze Limousine vor eine Barrikade fährt. Die Fahrerin flüchtet in ihrem "Infinity" Richtung Kapitol. Der Secret Service verfolgt sie mit hoher Geschwindigkeit. Andere Beamte der für die Sicherheit rund um den Kongress zuständigen Polizei stoppen das Fahrzeug. Es fallen Schüsse. Die Frau kommt ums Leben, während ihr etwa 18 Monate altes Kind in Sicherheit gebracht werden kann.

Fieberhaft stellen mehr als hundert Beamte verschiedener Sicherheits-Dienste die Wohnung der Fahrerin Miriam Carey in Stamford, ein paar hundert Kilometer weit von Washington entfernt, auf den Kopf. Sie suchen nach Explosivstoffen, Waffen, Drogen, Medikamenten oder irgendwelchen anderen Anhaltspunkten, die erklären helfen, was die bis dahin unauffällige Frau angetrieben haben mag. Anschließend teilte Polizeichef Jonathan Fontneau mit, die Sicherheitskräfte hätten eine ganz normale Zweizimmer-Wohnung vorgefunden.

Auch Freunde und Familie können nicht glauben, dass die in der New Yorker Bronx aufgewachsene Zahnpflegerin so etwas machen konnte. "Sie arbeitet, sie hat einen Job, was sollte sie in Washington zu tun haben?", fragt ihre Schwester Amy, die kürzlich erst mit ihr gesprochen hatte. Auch Freundin Angela Windley (33), die mit Miriam zusammen ins College ging, kann sich keinen Reim auf die Ereignisse machen. "Sie war eine liebvolle und fürsorgliche Person", erinnert sie sich an die Frau, die mit ihrer Irrfahrt das Zentrum der amerikanischen Hauptstadt lahmlegte - inklusive einer vorübergehenden Totalschließung des Kongresses. Eine mögliche Fährte hat Mutter Idella Carey. Nach der Geburt der kleinen Erika habe ihre Tochter an Wochenbett-Depressionen gelitten: "Ein paar Monate später erkrankte sie. Sie war depressiv und musste vorübergehend ins Krankenhaus." Erklären kann sie sich den Vorfall damit trotzdem nicht. "Sie neigte nie zur Gewalt." Nach den vorliegenden Informationen war Miriam nicht bewaffnet. Erste Berichte über einen Schusswechsel mit den Sicherheitskräften stellten sich später als falsch heraus. Die einzigen, die schossen, waren die Beamten. Eine Überreaktion? Kaum. Der Amoklauf im wenige Kilometer entfernten "Naval Yard" ist noch frisch im Gedächtnis. Und die Stimmung in der amrikanischen Hauptstadt ist angesichts des "Government Shutdowns" gereizt wie lange nicht mehr.

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