Sex-Vorwürfe Bill Cosby kommt davon – aber nur vorerst

Norristown · Der erste Strafprozess gegen den US-Komiker, der Frauen sexuell genötigt haben soll, ist geplatzt. Die Geschworenen waren uneins, der ehemalige Comedy-Star kam auf Kaution frei. Doch damit ist der Fall noch nicht abgeschlossen.

() Es regnet, als Bill Cosby das Gericht verlässt. Eine Hand auf seinen Gehstock gestützt, den anderen Arm streckt er demonstrativ hoch. Kein Schuldspruch, aber auch kein Freispruch. Der bisher einzige Strafprozess gegen den US-Entertainer wegen sexueller Nötigung ist am Samstag ergebnislos zu Ende gegangen. Cosbys Team triumphiert.

Er selbst sagt nichts, doch sein Sprecher Andrew Wyatt jubelt vor Reportern: „Mister Cosbys Macht ist zurück. Sie ist wiederhergestellt.“ Doch die Freude dürfte von kurzer Dauer sein. Auf den 79-jährigen TV-Komiker kommt der nächste Prozess zu. Staatsanwalt Kevin Steele fackelt nicht lange. Gleich nachdem der Richter am Samstag das Verfahren platzen lässt – die Geschworenen sind bei der Urteilsfindung uneins – geht Steele in die Offensive. „So schnell wie möglich“ wolle er einen neuen Prozess in Gang bringen. Er lobt den Mut der Klägerin Andrea Constand, im Zeugenstand den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs gegen Cosby vorzubringen. Die frühere Mitarbeiterin der Temple University lässt durch ihre Anwältinnen ausrichten, dass sie den Geschworenen für die „unermüdlichen Anstrengungen“ danke. Sie glaube, dass der Prozess den vielen Opfern, die sich machtlos fühlen, Gehör verschafft habe. Constand ist nur eine von mehr als 50 Frauen, die Cosby sexuelle Nötigung vorwerfen.

Mehr als 52 Stunden lang hatten die zwölf Geschworenen über sechs Tage hinweg mit der Frage gerungen, ob Cosby die mehr als 30 Jahre jüngere Constand an einem Abend im Jahr 2004 missbrauchte, oder ob es einvernehmlicher Sex war. Jeder einzelne Juror bestätigte am Samstag im Gericht von Norristown (Pennsylvania), sie seien „hoffnungslos festgefahren“. Eine gute Woche lang waren sie Zeugen eines Justiz-Spektakels gewesen.

Die Rolle als Entertainer ist dem Angeklagten selbst in seinem Strafprozess wegen sexueller Nötigung nicht entglitten. Das Verfahren hat Cosby genau verfolgt, doch wenn er sich in Pausen für einen Plausch mit seinem Team seitwärts lehnte, konnte man den Unterhalter in ihm erkennen. Ein kleiner Gag hier, ein ulkiger Spruch dort.

Die Frauenrechtsanwältin Gloria Allred, die viele Frauen mit Vorwürfen gegen Cosby vertritt, feuerte am Samstag harte Worte ab. „Feiern Sie nicht zu früh, Mr. Cosby“, riet sie dem einstigen Fernsehstar – denn die zweite Runde stehe bevor. Trotz seiner Berühmtheit werde er nicht davonkommen. Allred hofft darauf, dass der Richter in einem Folgeprozess mehr Frauen im Zeugenstand zulässt, die Cosby beschuldigen.

Das Etikett des „schmutzigen alten Mannes“, wie es ihm seit Bekanntwerden der Vorwürfe anheftet, wird Cosby vermutlich nie mehr ganz loswerden. Die Star-Karriere ist längst eingebrochen, die Fangemeinde geschrumpft. Seinen 80. Geburtstag Mitte Juli wird er in Freiheit verbringen. Er hat eine Kaution von einer Million Dollar gezahlt. „William H. Cosby Jr. bleibt gegen Kaution auf freiem Fuß“, gab die Staatsanwaltschaft auf Twitter bekannt. Und schob gleich hinterher: „Ein Datum für den neuen Prozess wird noch festgelegt.“

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