Privatmann sorgt mit Straßenkauf für Furore

Briest. Ein Privatmann hat in einem Dorf bei Brandenburg/Havel eine Straße gekauft - weil die Verwaltung nicht aufgepasst hat. Die 60 Anwohner "Am Mühlenberg" in Briest sind verunsichert und fürchten, zur Kasse gebeten werden

Briest. Ein Privatmann hat in einem Dorf bei Brandenburg/Havel eine Straße gekauft - weil die Verwaltung nicht aufgepasst hat. Die 60 Anwohner "Am Mühlenberg" in Briest sind verunsichert und fürchten, zur Kasse gebeten werden. Was ist geschehen? Die rund einen Kilometer lange Straße in einem Wohnpark wurde zwangsversteigert, nachdem der Bauunternehmer Pleite gegangen war, bestätigt die Amtsdirektorin Simone Hein. Die Gemeinde hatte sich als Bieter allein auf weiter Flur gewähnt, doch dann wurde sie von dem Privatmann überboten. Dieser erhielt für 1000 Euro den Zuschlag.

"Wir haben uns im Vorfeld nicht ausreichend Gedanken darüber gemacht, dass es noch andere Interessenten geben könnte", räumte Hein ein. Bei der Versteigerung vor einigen Tagen mussten ihre Mitarbeiterinnen hilflos mit ansehen, wie die Straße an den privaten Konkurrenten ging - denn sie durften nur einen Euro bieten. Hein: "Sie waren nicht berechtigt, höher zu steigern als der Verkehrswert lag."

Nun ist der aus dem Libanon stammende Dolmetscher Wassim Saab aus Berlin stolzer Besitzer der Straße. Der 71-Jährige weiß noch nicht, was er mit dem Asphalt anfängt. Entweder verkaufe er die Straße in dem 370-Seelen-Dorf weiter oder er betreibe sie selbst, was Gebührenforderungen an die Einwohner einschließen könnte, wie er sagte. Bei einem Verkauf verlange er mindestens 150 000 Euro. "Ich habe sie gekauft, um ein Geschäft damit zu machen", sagte der Dolmetscher. Außerdem wolle er von Wasser- und Energieversorgern Gebühren verlangen, dass Leitungen verlegt wurden. Aus Sicht der Verwaltung ist dieses Vorhaben jedoch aussichtslos.

"Vorrangig will ich die Straße an die Kommune verkaufen", kündigte Saab an. Den Verkaufspreis leite er aus einem privaten Gutachten ab. Das bei der Versteigerung verwendete Gutachten (Verkehrswert: ein Euro) sei nicht zu gebrauchen.

Zu einem möglichen Kauf wollte sich die Amtsdirektorin Hein nicht äußern. In einer Mitteilung erklärte sie: "Die zur Erschließung des Wohngebiets errichtete Straße Am Mühlenberg ist und bleibt öffentlich." Auch künftig werde die Gemeinde die Straßenbaulast und die Verkehrssicherungspflicht tragen. Für mögliche Nutzungsgebühren durch die Anlieger fehle jede Rechtsgrundlage. Die Betreiber der Versorgungsleitungen hätten Duldungsrechte gegenüber dem Grundstückseigentümer. Für die Anlieger gebe es keinen Grund zur Sorge.

Anwohner Gerhard Pichottka fürchtet dennoch höhere Kosten. "Es kauft doch niemand aus rein solidarischem Interesse eine Straße", sagt er. Die teilweise reparaturbedürftige Straße müsse ausgebessert werden. "Dafür wird der Besitzer doch Geld verlangen."

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