Plutonium im Boden von FukushimaDas Stigma der StrahlungDer Kraftwerksbetreiber Tepco und seine Pannen-Vergangenheit

Tokio. Rund um die strahlende Atomruine in Fukushima steckt hochgiftiges Plutonium im Boden. Spuren des schon in kleinsten Dosen gefährlichen Schwermetalls fanden sich an fünf Stellen, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo gestern meldete. Zuvor hatte die Regierung in Tokio eingeräumt, dass im Reaktor 2 in den vergangenen zwei Wochen vermutlich eine Kernschmelze eingesetzt hatte

 Arbeiter reparieren Leitungen für die Stromzufuhr an Reaktoreinheit drei und vier des havarierten Kernkraftwerks Fukushima, wo jetzt im Boden Plutonium gefunden wurde. Foto: dpa

Arbeiter reparieren Leitungen für die Stromzufuhr an Reaktoreinheit drei und vier des havarierten Kernkraftwerks Fukushima, wo jetzt im Boden Plutonium gefunden wurde. Foto: dpa

Tokio. Rund um die strahlende Atomruine in Fukushima steckt hochgiftiges Plutonium im Boden. Spuren des schon in kleinsten Dosen gefährlichen Schwermetalls fanden sich an fünf Stellen, wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo gestern meldete. Zuvor hatte die Regierung in Tokio eingeräumt, dass im Reaktor 2 in den vergangenen zwei Wochen vermutlich eine Kernschmelze eingesetzt hatte. Man glaube aber, dass der Prozess mittlerweile gestoppt sei, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Die Bodenproben, in denen das Plutonium nachgewiesen wurde, sind dem Kraftwerksbetreiber Tepco zufolge am 21. und 22. März genommen worden - und damit gut eine Woche alt.Die Dosierung sei aber so niedrig, dass sie für den menschlichen Körper nicht gefährlich sei, beteuerte das Unternehmen dem japanischen TV-Sender NHK zufolge. Tepco kündigte an, weitere Bodenproben zu nehmen. Das Plutonium stamme aus Brennstäben der Anlage, die bei dem Erdbeben am 11. März schwer beschädigt wurde. Aus welchem Block das Material stammt, war zunächst nicht bekannt.

Das Unternehmen hatte Bodenproben vom Gelände des havarierten AKW von unabhängigen Spezialisten auf das hochgiftige Plutonium untersuchen lassen. In Fukushima gilt Block 3 als besonders gefährlich, weil es sich bei dessen Brennelementen um Plutonium-Uran-Mischoxide handelt. Das radioaktive Plutonium verliert auch nach Tausenden von Jahren nichts von seiner Gefährlichkeit.

Was genau im Inneren der Problem-Meiler abläuft, ist immer noch unklar. Die Regierung schloss allerdings aus der extrem erhöhten Radioaktivität, dass es im Krisen-Meiler 2 von Fukushima I zum Beginn einer Kernschmelze gekommen sein müsse. Nach Angaben des Stromkonzerns Tepco wurde an dem Reaktor am Sonntagnachmittag eine Strahlendosis von 1000 Millisievert pro Stunde in einem Wassergraben gemessen, der zum benachbarten Turbinengebäude führt. Zum Vergleich: Die natürliche Radioaktivität in Deutschland liegt laut der Gesellschaft für Reaktorsicherheit bei etwa 2,1 Millisievert - und zwar pro Jahr.

Sowohl Fachleute wie auch Tepco hatten bereits in den ersten Tagen nach Erdbeben und Tsunami von einer möglichen "partiellen Kernschmelze" gesprochen.Tokio. Die Angst vor der Verstrahlung ist groß. So groß, dass in einigen Notunterkünften für Erdbebenopfer schon "Strahlenzertifikate" nötig sind: Wer nicht auf Radioaktivität geprüft wurde, darf nicht rein.

Die Informationen über die Atomkatastrophe sind spärlich, viele Japaner werden dadurch immer verunsicherter. In die Angst vor Radioaktivität mischt sich zunehmend Ärger über den Mangel an genauen Informationen. Die Mehrheit der Japaner ist unzufrieden, wie die Regierung mit der Atomkrise umgeht. In einer Umfrage kritisieren 58,2 Prozent der Befragten den Umgang der Regierung mit der Katastrophe in Fukushima. Es gibt zudem Stimmen, die verlangen, dass Japan internationale Experten zur Bekämpfung der Atomkrise hinzuziehen sollte. Aber auch die Oppositionspartei der Liberaldemokraten, in deren Zeit die Kernkraftwerke gebaut wurden, müsste mehr Verantwortung tragen. Bürgermeister von Gemeinden klagen darüber, dass die Behörden und auch die Medien nach der Bekanntgabe erhöhter Werte keine weiteren Informationen bereitstellen - und die Menschen über die tatsächliche Gefahr im Unklaren lassen. Die Beteuerungen der Behörden, die Strahlen seien keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung, werden zunehmend angezweifelt.

Experten fordern konkrete und laufend aktualisierte Informationen. Die Regierung in Tokio versprach am Sonntag Besserung. Um Gemeinden mit mehr und leichter verständlichen Informationen zu versorgen, sei ein Verbindungsbüro eingerichtet, erklärte Regierungssprecher Yukio Edano. Ob das reicht, ist unklar. dpa

Berlin. Die Tokyo Electric Power Company - kurz Tepco - ist der Betreiber der Unglücksreaktoren von Fukushima. Der Konzern ist Japans größter Energie-Erzeuger und eines der größten Unternehmen des Landes. Das Unternehmen mit Hauptsitz in der japanischen Hauptstadt Tokio wurde 1951 gegründet und beschäftigt mittlerweile mehr als 38 000 Mitarbeiter.

Knapp 260 Firmen gehören zum Tepco-Verbund. 2009 wurden nach Unternehmensangaben 280 000 Gigawattstunden Strom verkauft. Fukushima ist das Herz von Japans Atomindustrie, hier gibt es insgesamt zehn Reaktoren. Das Unglücks-AKW Fukushima I hat sechs Meiler, die Anlage Fukushima II vier. Störfälle und Vertuschungsaffären prägen die Geschichte der Anlagen 200 Kilometer nordöstlich von Tokio. So wurde kurz vor dem Erdbeben bekannt, dass im AKW Fukushima I insgesamt 33 Geräte und Maschinen nicht ordnungsgemäß überprüft wurden.

Auch in den Jahren zuvor sorgte der Energiekonzern für negative Schlagzeilen in Fukushima. So schwappte nach einem Erdbeben im Juni 2008 radioaktives Wasser aus einem Becken, in dem verbrauchte Brennstäbe lagerten. 2006 trat radioaktiver Dampf aus einem Rohr, 2002 wurden Risse in Wasserrohren entdeckt. Im Jahr 2000 musste ein Reaktor wegen eines Lochs in einem Brennstab abgeschaltet werden. 1997 und 1994 gab es ähnliche Vorfälle. dpa

Stichwort

 Geigerzähler ermöglichen die Strahlenmessung. Foto: dpa

Geigerzähler ermöglichen die Strahlenmessung. Foto: dpa

 Arbeiter reparieren Leitungen zur elektrischen Energiezufuhr an Reaktoreinheit drei und vier des havarierten Kernkraftwerks Fukushima, wo jetzt Plutonium gefunden wurde. Foto: dpa

Arbeiter reparieren Leitungen zur elektrischen Energiezufuhr an Reaktoreinheit drei und vier des havarierten Kernkraftwerks Fukushima, wo jetzt Plutonium gefunden wurde. Foto: dpa

 Geigerzähler ermöglichen die Strahlenmessung. Foto: dpa

Geigerzähler ermöglichen die Strahlenmessung. Foto: dpa

Das radioaktive und hochgiftige Schwermetall Plutonium wird zusammen mit Uran in Atomreaktoren als Brennstoff eingesetzt. Während Uran abgebaut wird, kommt natürliches Plutonium nur in Spuren vor. Es entsteht aber in jedem Atomreaktor als "Nebenprodukt" der Spaltung von Uran. Je nach Isotop ist die Halbwertszeit - nach dieser Zeit ist erst die Hälfte der Radioaktivität abgeklungen - unterschiedlich: bei Plutonium 239 nach 24 000, bei Plutonium 238 knapp 88 Jahren. Bereits winzige Mengen in der Lunge können Krebs verursachen. In Wunden verbindet sich Plutonium mit dem Blutplasma und lagert sich in Leber und Knochenmark ab. dpa

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