Orkantief „Xaver“ bedroht die Küste

Kiel · Stürmischer Advent im Norden: Das Orkantief „Xaver“, das ab heute von der Nordseeküste her über Deutschland hinwegfegen wird, soll Extremböen im Gepäck haben und schwere Sturmfluten auslösen.

"Xaver" droht für den Norden der ungemütlichste Zeitgenosse seit langem zu werden. Mit extremen Orkanböen, gleich mehreren schweren Sturmfluten und wohl auch noch Schnee wird das Tief ab heute Norddeutschland heimsuchen - wenn die Prognosen stimmen. Schleswig-Holstein soll es demnach am stärksten treffen, aber auch Niedersachsen und Hamburg müssen mit ungewöhnlich heftigem Unwetter rechnen. An der Nordseeküste stellen sich Bewohner auf Windgeschwindigkeiten von 160 Kilometern je Stunde und vielleicht noch mehr ein.

Das wäre die Dimension von Vorgänger-Tief "Christian", das vor gut fünf Wochen über das Land fegte und erhebliche Schäden verursachte. Nachfolger "Xaver" ist potenziell noch gefährlicher: Er wird voraussichtlich nicht nur ein paar Stunden wüten, sondern wohl eineinhalb Tage lang. Zudem erwarten die Experten gleich drei Sturmfluten und Schnee. Dieser Mix bereitet selbst sturm erprobten Nordlichtern Sorgen. Die Rettungskräfte rüsteten sich bereits gestern für den zweiten Großeinsatz seit Ende Oktober.

Wasserstände bis zweieinhalb Meter über dem normalen Hochwasser werden für den frühen Nachmittag erwartet, noch einige Dezimeter mehr in der Nacht darauf. Das bliebe aber noch um 4,5 bis fünf Meter unter der Kronenhöhe der Landesschutzdeiche, die außer dem Wasserstand auch den Wellenauflauf berücksichtigen.

Wenn es richtig schlimm kommt, werden auf den Halligen in der Nordsee nur noch die Warften aus dem Wasser herausgucken. Einzelne Wellen könnten sogar bis auf die Warften hochschlagen - neun sind es auf Hooge, wo die rund 100 Bewohner alles sturmfest machten. "Je stärker der Sturm, desto höher ist der Wellenlauflauf", schildert Bürgermeister Matthias Piepgras. So hoch wie jetzt befürchtet, stand das Wasser auf Hooge schon lange nicht mehr. "Das hätte jetzt nicht sein müssen so kurz vor Weihnachten", sagt Piepgras mit einem Stoßseufzer. Überall in der Nordsee-Inselwelt sicherten die Bewohner gestern alles, was nicht niet- und nagelfest ist.

Von heute Vormittag an soll es stürmisch werden, ab dem Nachmittag dann richtig heftig. "Wir erwarten, dass Schleswig-Holstein wohl die stärksten Winde abbekommen wird", sagt der Meteorologe Rüdiger Hartig vom Deutschen Wetterdienst voraus. Erst in der Nacht zum Samstag werde der Sturm "langsam nachlassen". Die lange Dauer sei etwas Besonderes. "Sonst flaut es nach sechs bis zwölf Stunden rasch wieder ab." Das in Hamburg ansässige Institut für Wetter- und Klimakommunikation warnt: Für die norddeutsche Küste und Hamburg besteht die Gefahr einer Sturmflut, sogar eine schwere Sturmflut sei möglich. Für genauere Prognosen sei es noch zu früh. Die Wetterlage ähnele aber jener, die 1962 zur berüchtigten Hamburger Sturmflut geführt habe

Für den Schiffs-, Flug- und Bahnverkehr sollten Einschränkungen einkalkuliert werden. In Kiel wurde sogar eine für Freitag angesetzte Bombenentschärfung auf Montag verschoben.

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