Nur die Gegenwart ist futuristischer

Paris · Vieles, was sich die Filmemacher vor 30 Jahren für 2015 vorgestellt haben, ist auch tatsächlich so eingetreten. Und über manche Errungenschaften von heute würde selbst Filmfigur Marty McFly staunen.

Wenn Marty McFly aus dem Science-Fiction-Hit "Zurück in die Zukunft" tatsächlich wie im Film mit einer Zeitmaschine am 21. Oktober 2015 in der nun zur Gegenwart gewordenen Zukunft landen würde, dann wäre er - ganz schön baff. Zwar fliegen heute immer noch keine müllbetriebenen Autos durch die Luft, Schuhe müssen weiterhin meist von Hand zugebunden werden und auch Roboter haben den Arbeitsmarkt noch nicht komplett aufgemischt. Aber eine Reihe von Neuerungen würden dem jungen Mann aus dem Jahr 1985 dennoch äußerst futuristisch erscheinen.

Davon ist zumindest der australische Zukunftsforscher Ross Dawson überzeugt. Selbst in seiner visionären Zunft hätten sich vor 30 Jahren die wenigsten Forscher vorstellen können, "dass Telefone einmal zu etwas anderem als zum Telefonieren" taugen würden, sagt Dawson. "Deren Fähigkeit, alle Information des Planeten zugänglich zu machen, hätte sie umgehauen", meint der Gründer der Denkfabrik Future Explanation.

Als der Film der Regisseure Robert Zemeckis und Bob Gale 1989 herauskam, galten CD-Player noch als Gipfel der technologischen Entwicklung. Im Film bekommt der von Michael J. Fox gespielte Marty eine Kündigung nach Hause übermittelt - per Fax. Auch diese heute längst eingemottete Technik wirkte damals absolut innovativ und zukunftsfähig. 1985 hatte gerade einmal ein Viertel aller US-Haushalte eine Mikrowelle und wer technisch ganz vorn mit dabei sein wollte, brauchte unbedingt einen Videorekorder mit inzwischen ziemlich antiquiert wirkenden VHS-Kassetten.

Mit einem online gekauften 3D-Drucker können wir heute eine scheinbar endlose Zahl von Objekten nachbauen, darunter zum Beispiel weitere 3D-Drucker. Im Film führt eine Drohne im Jahr 2015 einen Hund spazieren, im realen 2015 sind die unbemannten Fluggeräte noch zu ganz anderen und mitunter weniger amüsanten Dingen imstande. Gentechnik erlaubt die Veränderung schadhafter DNA, und ein per Raumsonde abgesetzter Roboter reist seit vergangenem Jahr Millionen Kilometer von der Erde entfernt auf einem Kometen durchs All. Heute gehören "downloaden" und "streamen" für viele zur Alltagssprache, während mit den Begriffen vor 30 Jahren niemand etwas hätte anfangen können.

"Menschen gewöhnen sich sehr schnell an technologische Errungenschaften und nehmen sie als gegeben hin", sagt Dawson. So könnten auch heute schon existierende Technologien aus dem Film, wie etwa biometrische Erkennungsverfahren oder Datenbrillen, in absehbarer Zeit kaum mehr aufsehenerregender Standard sein. Doch trotz aller Fehleinschätzungen über die Welt in 30 Jahren lag "Zurück in die Zukunft" bei einigen Dingen goldrichtig. Wie im Film nutzen wir heute Flachbildschirme und Tablet-Computer, telefonieren mit Videobild und informieren uns per App in Echtzeit über das Wetter.

Der Zukunftsforscher Thomas Frey bewundert die Arbeit der Filmemacher : Sie hätten die Zukunft zwar auf "skurrile und alberne Weise" dargestellt, dabei aber dennoch "phänomenale Arbeit geleistet", sagt Frey. Und in einigen Fällen wirkte der Kultstreifen sogar selbst als Zukunftsgestalter. Der Schuh-Hersteller Nike versucht derzeit, Marty McFlys selbstbindende Schuhe Wirklichkeit werden zu lassen. Und die kalifornische Firma Hendo arbeitet an einem sogenannten Hoverboard, einer Filmrequisite, die bei Zuschauern damals wie heute wohl mit die meiste Faszination auslöste. Bilder von Prototypen des magnetisch funktionierenden Schwebe boards sorgten schon für Begeisterungsstürme - vor allem natürlich im Internet.

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HintergrundIn der Filmgeschichte gibt es einen breiten Fundus an Zukunftsprognosen, die irgendwann von der Zeit eingeholt werden. Die Verfilmung von George Orwells Roman "1984" etwa erschien in ebendiesem Jahr - und seit dem NSA-Skandal ist klar, dass der allsehende "Große Bruder" aus Orwells Dystopie gar nicht so realitätsfern ist. Zum Jupiter gereist wie in Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" von 1968 ist die Menschheit dagegen bis heute noch nicht. Und der 2009 von Roland Emmerich mit "2012" prophezeihte Weltuntergang ist auch nicht eingetreten. Obwohl "Raumschiff Enterprise" aus den 1960ern aber erst im 23. Jahrhundert spielt, sind einige Technologien darin wie das Mobiltelefon schon heute Realität. Bleibt die Frage: Was passiert 2029? Da nämlich haben in "Terminator" (1984) die Maschinen die Herrschaft übernommen. lre

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