Neuer Wind weht auf der Wiesn

München · In diesem Jahr steigt nicht nur der Bierpreis auf dem Münchner Oktoberfest erstmals auf mehr als zehn Euro. Politisches Personal und ein Wirt wechseln. Und wie viele Schläge braucht es diesmal, bis es „O'zapft“ heißt?

Was interessiert derzeit die Münchener? Das neue große Festzelt "Marstall" auf dem Oktoberfest , das am kommenden Samstag seine Pforten öffnet. Und vielleicht auch, wie viele Schläge der neue Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD ) braucht, um das erste Fass anzuzapfen. Diesen Eindruck muss man jedenfalls aus den lokalen Medien der bayerischen Landeshauptstadt gewinnen. Denn auf und um das 181. Oktoberfest muss man sich auf beunruhigend viel Neues einstellen. Dass der Maß-Preis wieder steigt und die Zehn-Euro-Grenze übersprungen hat, ist es allerdings nicht.

Die "Wiesn" ist auch ein Politikum. Münchens Oberbürgermeister wird über die Stadtgrenzen überwiegend dadurch bekannt, dass er das größte Volksfest der Welt mit dem Anzapfen des ersten Fasses und dem Ruf "O'zapft is" eröffnet. Münchens scheinbar immerwährender Oberbürgermeister Christian Ude (SPD ) schaffte das in den letzten Jahren seiner Amtszeit mit zwei Schlägen.

Als Ude 1993 anfing, brauchte er freilich sieben Schläge. Weitaus schlimmer erging es dem Begründer dieser Tradition, dem Nachkriegs-Stadtoberhaupt Thomas Wimmer, genannt Wimmer Dammerl, der 1950 das Fass mit 17 Schlägen bearbeitete. Schwer daneben ging das Anzapfen auch dem einzigen CSU-Oberbürgermeister der Nachkriegszeit. Erich Kiesl (CSU ) verursachte ein veritables Bierbad und vergaß dann auch noch "O'zapft is" zu rufen. Ein Jahr später verkündete er vor Aufregung: "Izapft os". Gute Gründe also, am Samstag um zwölf Uhr ganz genau hinzusehen.

Unter Beobachtung steht auch Siegfried Able. Dem 50-Jährigen ist es gelungen, in die Phalanx der "großen" Wiesn-Wirte einzubrechen. Gelungen ist das freilich nur, weil der Betreiber des bisherigen Promi-Festzelts "Hippodrom", Sepp Krätz, wegen Steuerhinterziehung nicht mehr zugelassen wurde. Das "Hippodrom" wurde von einem anderen Gastronomen gekauft. Wirte-Sprecher Toni Roiderer grummelte etwas von "Unterstützung von höchster Stelle" für Able, womit er auf die angeblich guten Beziehungen zwischen dem "Neuen" und OB Reiter anspielte. Doch jetzt gaben sich Roiderer und Able vor den Kameras die Hand. Roiderer bot dem Neuen mit seinem aufwendigen "Marstall"-Zelt seine Hilfe an. Begründung: Wenn der sich blamiert, blamiert sich die ganze Wiesn. Doch in die Vereinigung der Wiesn-Wirte wird Able vorerst nicht aufgenommen.

Neu besetzt ist auch die Rolle des "Wiesn-Chefs". Das war bis zur Wahl zum Oberbürgermeister Dieter Reiter und ist jetzt erstmals ein CSU-Politiker: Josef "Seppi" Schmid hat diese Funktion zusätzlich zu seinem Amt als zweiter Bürgermeister der größten Kommune Deutschlands übernommen.

Alle Jahre neu ist auch der offizielle Oktoberfest-Maßkrug. Nicht neu hingegen ist, dass über das darauf verewigte Fest-Motiv des Jahres 2014 gespottet wird. In diesem Jahr übernahm das Kabarettist Andreas Giebel, der feststellte: "Das Hirn ist abgeschnitten." Tatsächlich endet das Motiv oberhalb der Münder eines sich küssendes Paares, während Lebkuchenherz und Bierkrug prominent im Vordergrund platziert sind: Nicht denken, sondern konsumieren?

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