Nackt gegen hohe Mieten

Berlin. Der Immobilienmakler ist sichtlich genervt, greift zu seinem Handy und sagt ein wenig verzweifelt: "Ich rufe die Polizei, die Hedonisten sind wieder da!" Eine Truppe nackter Aktivisten sorgt seit Monaten für Aufsehen bei Verwaltern und Maklern von hochwertigen Wohnungen in Berlins Szenebezirken

Berlin. Der Immobilienmakler ist sichtlich genervt, greift zu seinem Handy und sagt ein wenig verzweifelt: "Ich rufe die Polizei, die Hedonisten sind wieder da!" Eine Truppe nackter Aktivisten sorgt seit Monaten für Aufsehen bei Verwaltern und Maklern von hochwertigen Wohnungen in Berlins Szenebezirken. Die Anhänger der sogenannten Hedonistischen Internationale kommen zu öffentlichen Wohnungsbesichtigungen, stürmen unbekleidet herein und tanzen zur mitgebrachten Musik. Auch in Hamburg, Paris und Zürich suchen Gleichgesinnte ungewöhnliche Wege, um gegen die ihrer Meinung nach übermäßig hohen Mieten in beliebten Vierteln der Städte zu protestieren.An einem Sonntag traf es in Berlin unter anderem eine Wohnung an der Warschauer Straße im Stadtteil Friedrichshain. Die Hedonisten brachen auf zu ihrer dritten "Nackt-Wohnungsrallye". Nadja wird als "Lockvogel" vorausgeschickt und spielt dem Makler Interesse an der frisch sanierten Wohnung vor. Ihre Mitstreiter folgen, ziehen sich noch im Treppenhaus aus und laufen mit bunten Masken vor dem Gesicht in die mit Laminat ausgelegte leere Wohnung.

"Das Wohnen ist hier so teuer geworden, dass wir uns bis aufs letzte Hemd ausziehen müssen", erklärt Mitinitiator Luther Blissett, dessen Name wie bei allen Beteiligten nur ein Fantasie-Name ist. Denn die Grenze zum Hausfriedensbruch ist bei den nackten Aktionen schnell überschritten. Die Hedonisten sehen sich hingegen als Gruppe, die mit "kreativem, linken Protest die Leute zum Denken anregen will", sagt Blissett. Hedonismus bedeutet dabei für ihn, jeden Menschen so leben zu lassen, wie er es möchte - ohne andere dabei zu beeinträchtigen.

Als Ziel suchen sich die nackten Demonstranten dabei stets Wohnungen aus, deren Nettokaltmiete bis zu 100 Prozent über dem ortsüblichen Preis liegt. Diese Fälle seien gar nicht so selten zu finden, sagt Blissett: Werden Wohnungen neu vermietet, zahlten die Nachmieter in den beliebten Ecken der Hauptstadt nicht selten 50 Prozent mehr als ihre Vorgänger. "Leute, die vorher in diesen Gegenden gewohnt haben, können sich das oft nicht mehr leisten."

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