Missbrauch kommt Stück für Stück ans Licht

Berlin. Der Skandal um sexuellen Missbrauch von Schülern an Schulen des katholischen Jesuiten-Ordens zieht immer größere Kreise. Neben mehr als 20 Missbrauchsfällen in den 70er und 80er Jahren am Berliner Canisius-Gymnasium habe es auch Fälle in Hamburg, St. Blasien, Göttingen, Hildesheim, Chile und Spanien gegeben

Berlin. Der Skandal um sexuellen Missbrauch von Schülern an Schulen des katholischen Jesuiten-Ordens zieht immer größere Kreise. Neben mehr als 20 Missbrauchsfällen in den 70er und 80er Jahren am Berliner Canisius-Gymnasium habe es auch Fälle in Hamburg, St. Blasien, Göttingen, Hildesheim, Chile und Spanien gegeben. Das sagte der Ordenschef in Deutschland, Provinzial Stefan Dartmann, gestern bei einer Pressekonferenz im Canisius-Kolleg. Zugleich entschuldigte er sich bei Opfern, Lehrern und Eltern für das jahrelange Schweigen. "Ich bitte um Entschuldigung für das, was von Verantwortlichen des Ordens damals an notwendigem und genauem Hinschauen und angemessenem Reagieren unterlassen wurde."

An dem Berliner Gymnasium wurden von 1975 bis 1983 mindestens 22 Kinder und Jugendliche missbraucht. Täter waren nach Angaben des Ordens zwei Patres, die als Lehrer arbeiteten. Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft die Missbrauchsfälle. "Es spricht aber vieles dafür, dass die Taten verjährt sind", sagte Behördensprecher Martin Steltner. Das betreffe auch etwaige Vorwürfe an den Jesuiten-Orden wie Strafvereitelung oder unterlassene Hilfeleistung.

Dartmann schloss nicht aus, dass weitere Missbrauchsfälle bekannt werden. "Ich bin sicher, wenn Sie nur weit genug zurückgehen in den Akten, würden Sie etwas finden." Der Ordenschef und Canisius-Rektor Klaus Mertes kritisierten den Umgang des Ordens mit den Fällen. Damals zeigten weder die Jesuiten noch der Vatikan die Täter an. Sie wurden nach den Vorwürfen meist nur an andere Orte versetzt.

Wolfgang S. arbeitete als Deutsch-, Religions- und Sportlehrer von 1975 bis 1984 an Jesuiten-Schulen in Berlin, Hamburg und St. Blasien im Schwarzwald. Danach ging er für den Orden nach Spanien und Chile. 1991 gestand er der Kirchenleitung seine Taten gegen "Zusicherung der Diskretion", weil er aus dem Orden ausscheiden wollte. Laut diesem Geständnis kam es auch zu Missbrauchsfällen in Hamburg und St. Blasien. Dartmann sagte zudem: "Es gibt klare Hinweise in den Akten, dass er bis 1990 auch in Chile und Spanien übergriffig geworden ist." Der 65-Jährige lebt heute in Chile. Der andere Pater, Peter R., arbeitete als Religionslehrer und Seelsorger an dem Berliner Gymnasium, später in Göttingen in der Jugendarbeit, als Seelsorger in Hildesheim und beim dortigen Bischof.

"Das, was viele befürchtet haben, hat sich bewahrheitet", sagte gestern der Hamburger Bistums-Sprecher Manfred Nielen. Dort hätten sich zwei ehemalige Schüler der Sankt-Ansgar-Schule gemeldet, die Opfer von Wolfgang S. wurden. dpa

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