Miss Normas letzte Reise ist zu Ende

Friday Harbor · Es war das Abenteuer ihres Lebens: Über ein Jahr lang fuhr die 91-jährige Norma Bauerschmidt quer durch die USA – und begeisterte auf Facebook tausende Fans. Sie nehmen nun Abschied von „Miss Norma“, die sich vom Krebs nicht abhalten ließ.

 „Ich bin 90, ich hau ab“, sagte sich die krebskranke „Miss Norma“ vor einem Jahr und reiste mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter quer durch die Staaten – von Küste zu Küste. Fotos: Ramie B. Liddle/dpa

„Ich bin 90, ich hau ab“, sagte sich die krebskranke „Miss Norma“ vor einem Jahr und reiste mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter quer durch die Staaten – von Küste zu Küste. Fotos: Ramie B. Liddle/dpa

Für viele ist es der Lebenstraum schlechthin: einmal Wale im Pazifik beobachten, einmal am Strand von Florida die Seele baumeln lassen, Geysire im Yellowstone-Nationalpark bestaunen oder sich von einem Delfin küssen lassen. "Miss Norma" hat all das erlebt - innerhalb eines Jahres, wissend, dass es ihre letzte große Reise sein würde. Hunderttausende Menschen haben die krebskranke 91-Jährige im Internet dabei begleitet.

"Ich bin 90, ich hau ab." Mit diesen Worten stürzte sich Norma Bauerschmidt ins Abenteuer. Das war im August 2015, nachdem ihr ein Arzt eröffnet hatte, dass sie Krebs hat. Keine Sekunde zögerte die lebenslustige Frau mit ihrer Entscheidung. Wenige Tage zuvor war überraschend ihr Mann Leo gestorben. Nach 67 Jahren Ehe - was hält sie da noch allein zu Hause im US-Staat Michigan? Norma will raus, will die Welt sehen. Chemotherapie? Nein danke! Die Reaktion des Arztes: "Haben Sie einen fantastischen Trip!" Er wisse, wie eine Krebsbehandlung aussehe und könne nicht einmal garantieren, dass sie eine Operation überlebe.

Norma ist zwar krank, aber immer noch fit. Der Plan: Sie zieht ins Wohnmobil ihres Sohnes Tim, der mit seiner Lebensgefährtin Ramie ohnehin quer durchs Land tingelt. Erstes Ziel: die in Stein verewigten Präsidentenporträts am Mount Rushmore. Wie lange die Reise dauern würde, wusste da noch niemand. Doch schnell wird der Schwiegertochter klar: "Wir alle blühen mehr und mehr auf."

Die vielen Erlebnisse der Reise drängen den Krebs in den Hintergrund: Norma gönnt sich in Georgia die erste Pediküre ihres Lebens, gibt ihr erstes Autogramm in Colorado, spielt mit der Ukulele auf einer Jamsession, probiert zum ersten Mal Austern und lernt von einem kleinen Jungen, wie sich junge Leute mit Fauststößen begrüßen. Außerdem fährt sie zum ersten Mal mit einem Heißluftballon - der Traum ihres verstorbenen Mannes.

Auf Facebook posten ihre Begleiter regelmäßig Fotos und Zitate zur Reise. Und ihre Geschichte rührt die Herzen der Menschen. "Miss Norma" wird zur Berühmtheit: Mittlerweile folgen ihr über 450 000 Facebook-Nutzer. Im September werden ihre geposteten Fotos allmählich weniger. "Wir werden langsam der Tatsache gewahr, dass unser großes Abenteuer mit Miss Norma ein Ende finden wird." Ihr Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Die Reisegruppe macht letzte Station auf den San-Juan-Inseln an der Westküste der USA und engagiert ein Hospiz-Team. Nach knapp 21 000 Kilometern endete die Reise von "Miss Norma" am Freitag in Friday Harbor im US-Bundesstaat Washington. "Sie starb behaglich im eigenen Bett im Wohnmobil in Betreuung eines Hospiz-Teams", bestätigte Schwiegertochter Ramie.

 Eine Ballonfahrt stand auch auf Normas Wunschliste, denn es war der Traum ihres Mannes. Sohn Tim begleitete sie in der Gondel.

Eine Ballonfahrt stand auch auf Normas Wunschliste, denn es war der Traum ihres Mannes. Sohn Tim begleitete sie in der Gondel.

Die Nutzer verabschiedeten sich gerührt von der 91-Jährigen: "Was für ein wundervolles, beeindruckendes Jahr. Danke, dass du viele Menschen inspiriert hast!"

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