Reinhold Messner Der Herr der Achttausender wird 75

Bozen · Reinhold Messner ist ein Mann der Extreme: Der Rekord-Bergsteiger, aber auch Politiker und Filmemacher, begeistert und polarisiert bis heute.

1978: Reinhold Messner auf dem Gipfel des Mount Everest, den er ohne Sauerstoffgerät bestieg.

1978: Reinhold Messner auf dem Gipfel des Mount Everest, den er ohne Sauerstoffgerät bestieg.

Foto: dpa/-

Er hat als erster Mensch alle 14 Achttausender der Welt bestiegen. Er schaffte gemeinsam mit Peter Habeler erstmals den Mount Everest ohne Sauerstoff – und später sogar im Alleingang. Reinhold Messner hat Alpin-Geschichte geschrieben. Fans bewunderten seinen eisernen Willen, seinen Wagemut und seine unglaublichen Leistungen. Kritiker warfen ihm überhöhten Ehrgeiz und Egoismus vor. Am kommenden Dienstag wird Messner 75 Jahre alt.

Nach den kaum zu übertreffenden Erfolgen im Höhenbergsteigen suchte der Südtiroler neue Ziele. Er durchquerte die Antarktis, Grönland und die Wüste Gobi. Extreme prägten Messners Leben als Bergsteiger und Abenteurer.

„Für Reinhold ist Auflehnung ein Stück weit Inhalt“, sagte der Psychoanalytiker Hansjörg Messner in dem halbdokumentarischen Film „Messner“ über seinen berühmten Bruder und dessen rastlosen Drang nach Herausforderung. Messner selbst sagt über sich: „An Widerständen werden Durchhaltevermögen und Willen trainiert. Man kann den Willen trainieren wie einen Muskel. Und man gewinnt diese Haltung: Früher oder später gelingt es mir doch. Manche nennen es Sturheit. Es ist mir nicht wichtig, wie man es nennt. Ohne die vielen Widerstände wäre ich nicht der geworden, der ich bin.“

Als das Älterwerden extremen körperlichen Höchstleistungen Grenzen setzte, verwirklichte Messner mit ähnlicher Durchsetzungskraft sein Museumsprojekt, das heute seine Tochter Magdalena weiterführt. Sechs Standorte bilden ein Bergmuseum. Unter anderem erzählt er darin Alpin-Geschichte, an einem anderen Standort thematisiert er die Auseinandersetzung Mensch-Berg. Es geht auch um die Erschließungsgeschichte der Dolomiten, ein Standort ist den Bergvölkern aus aller Welt gewidmet.

Messner bewirtschaftete auch Bergbauernhöfe; in Sulden am Ortler (Südtirol) züchtet er Yaks. Für die Grünen saß er fünf Jahre im Europaparlament. Als Experte für Risikomanagement wurde er zu Vorträgen geladen. Mit Wirtschaftsbossen stieg er auf Berge, auch mit Angela Merkel ging er – gerade dieses Jahr wieder – wandern. Er habe auch wissenschaftliche Arbeit geleistet, sagt er. Messner hatte sich als Yetiforscher betätigt und den Schneemenschen als Bären enttarnt.

Stets warnte Messner vor dem Massenansturm auf die Berge, forderte einen Erschließungsstopp. Früher habe man ihm vorgehalten, er gönne anderen nicht die Besteigung des Mount Everest, sagt er. Erst nach einer Serie von Todesfällen in diesem Jahr und Fotos von Menschenschlangen, die auf dem Weg zum Gipfel wie Autos im Stau stehen, habe auch die Öffentlichkeit verstanden, welcher Wahnsinn sich dort abspiele.

Messner und seine Generation veränderten in den 1970er und 1980er Jahren das Bergsteigen. Messner kritisierte damals von nationalem Ehrgeiz getriebene „Gipfelsiege“ – der Berg sei schließlich kein Feind – und propagierte ein Bergsteigen nur für sich selbst. Mit dem Verzicht auf Expeditionstross, Fixseile und Flaschensauerstoff prägten er und einige andere damals den Alpinstil. Messner erfand dabei mit Sologängen an Achttausendern neue Maßstäbe. Und als Kommunikationstalent setzte er sich dann auch selbst in Szene.

Seit einigen Jahren widmet er sich nun mit seinem Sohn Simon dem Film, dreht dokumentarische Bergstreifen. Mit seinen diversen Projekten hielt er sich auch nach den Extremerfolgen in der Öffentlichkeit.

Gerade hat er mit „Der Eispapst: Die Akte Welzenbach“ eine Dokumentation über die gescheiterte deutsche Nanga-Parbat-Expedition 1934 veröffentlicht. Der Nanga Parbat – der Gipfel, der auch für Messner zum „Schlüsselberg“ wurde. 1970 kam dort bei der gemeinsamen Besteigung sein jüngerer Bruder Günther ums Leben.

 Reinhold Messner, der als Extrembergsteiger berühmt wurde, hat am Dienstag Geburtstag.

Reinhold Messner, der als Extrembergsteiger berühmt wurde, hat am Dienstag Geburtstag.

Foto: dpa/Johann Groder

Lange hatte Messner über den Hergang des Unglücks erbittert mit den Ex-Kameraden von damals gestritten, es gab Gerichtsprozesse. Zuletzt sprach er das Thema kaum noch an. Messner scheint ruhiger geworden. Der Abenteurer, der unter anderem auf Schloss Juval in Südtirol lebt, sagt jedenfalls: „Die letzte Lebensphase prägt eine große Gelassenheit.“

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