Wuppertal Mann springt mit Kind vor Zug

Wuppertal · Am Bahnhof in Wuppertal greift sich ein Fremder den fünfjährigen Sohn einer Familie – und springt mit ihm vor einen einfahrenden Zug. Wie durch ein Wunder überlebt der Junge nur leicht verletzt.

 Mann und Kind überlebten auf den Gleisen unter dem Zug. Der Junge erlitt nur leichte Verletzungen und konnte sich selbst befreien.

Mann und Kind überlebten auf den Gleisen unter dem Zug. Der Junge erlitt nur leichte Verletzungen und konnte sich selbst befreien.

Foto: dpa/Claudia Otte

Um kurz nach 18 Uhr geschieht am Donnerstagabend im Wuppertaler Hauptbahnhof das Ungeheure. Ein polizeibekannter Mann aus Gelsenkirchen greift sich an Gleis 5 ein fremdes Kind und springt mit ihm vor den Augen der entsetzten Eltern und Geschwister vor einen einfahrenden Zug. Der 23-Jährige geht der Lok sogar noch entgegen, bevor er sich mit dem fünfjährigen Jungen zwischen die Schienen legt.

Der Lokführer der aus Haltern kommenden S9 bemerkt das Drama und löst eine Notbremsung aus, kann aber nicht mehr verhindern, dass die tonnenschwere Lok Mann und Kind überrollt. Doch der Junge hat großes Glück im Unglück. Weil sich der Fremde längs zu den Schienen legt, erfasst die Lok weder Mann noch Kind.

Das Gesicht des Fünfjährigen erscheint kurz darauf an der Bahnsteigkante, er kann selbst unter dem Zug hervor- und rasch wieder auf den Bahnsteig klettern, wie ein Polizeisprecher am Freitag sagt. Äußerlich trägt er nur ein paar Schürfwunden davon.

Als auch sein unverletzter Peiniger unter dem Zug auftaucht, wird er sofort von herbeieilenden Passanten gepackt, festgehalten und anschließend der Polizei übergeben. Es handelt sich um einen 23-jährigen Inder, der seit vielen Jahren in Gelsenkirchen lebt und der Polizei bereits wegen kleinerer Delikte bekannt war.

„Das waren Aggressionsdelikte und Schwarzfahren“, sagt Staatsanwalt Hauke Pahre. Nun wird wegen versuchten Mordes gegen den 23-Jährigen ermittelt. Der Staatsanwalt wirft ihm Heimtücke vor. Die Familie des Fünfjährigen und der Verdächtige kennen sich nicht, sind sich laut Ermittlern vermutlich nie zuvor begegnet.

Der Fünfjährige ist das älteste von drei Kindern der betroffenen Familie: Seine ein und drei Jahre alten Geschwister sind ebenfalls mit den Eltern auf dem Bahnsteig und erleben den Horror mit. Die Familie wird danach von Seelsorgern betreut. Auch der Lokführer ist von dem Geschehen mitgenommen: „Er ist heute krank und wird psychologisch betreut“, sagt ein Bahnsprecher am Freitag.

Unklar bleibt das Motiv des Verdächtigen. In der Polizeivernehmung schweigt er. Weil ein Arzt nicht ausschließt, dass er psychisch gestört sein könnte, wird am Freitag ein Psychiater als Sachverständiger hinzugezogen. Von seinen Erkenntnissen wird nun abhängen, ob der 23-jährige Verdächtige in Untersuchungshaft kommt oder in eine geschlossene Psychiatrie. Das Drama an Gleis 5 hatte auch erhebliche Auswirkungen auf den Bahnverkehr und viele Reisende: Der Wuppertaler Hauptbahnhof wurde nach dem Vorfall für alle Züge für eine knappe Stunde voll gesperrt und blieb zum Abschluss der Spurensicherung um 21.15 Uhr drei Stunden teilweise gesperrt. Rund 40 Züge waren nach Angaben eines Bahnsprechers von der Sperrung betroffen. Fernzüge seien umgeleitet worden.

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