Loriot ist als Kindername tabu

Wiesbaden · Noch gibt es kein Baby namens Gollum. Aber ansonsten wählen Eltern oft ungewöhnliche Namen für ihren Nachwuchs. In der aktuellen Liste der beliebtesten Vornamen belegen Sofie und Luca die Spitzenplätze.

Also Loriot soll das Kind heißen? "Das ist kein Vorname", sagt Frauke Rüdebusch, Beraterin bei der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden. Da mögen die Eltern eines Neugeborenen den Komiker Vicco von Bülow noch so geschätzt haben - in Deutschland ist Loriot als sein Künstlername besetzt. Die Sprachwissenschaftlerin Rüdebusch rät ab.

Etwa 20 solcher Zweifelsfälle landen jede Woche bei der Gesellschaft in Wiesbaden, eine andere Anlaufstelle ist das Namenskundliche Zentrum der Universität Leipzig. Eltern kommen mit allen möglichen Vorstellungen zu den Standesämtern. Der Nachwuchs soll Kater, Motte oder Bommel heißen oder auch nach Sternen, Markennamen oder Orten benannt werden.

"Die Vornamen sind zunehmend ausgefallen. Die Eltern wählen alles mögliche", sagt Jürgen Rast, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamten. Die Ämter handhaben die Eintragung immer lockerer. Hedi-Rocke, Skywalker, Corleone - alles schon da gewesen. 50 000 Namensformen meldeten die Ämter für 2012 an die GfdS, zwei Drittel kamen nur ein einziges Mal vor. Dafür heißen mehr als 12 000 neugeborene Mädchen Sophie. Bei den Jungen lag 2012 Luca vorn.

In strittigen Fällen wälzen die Experten Wörterbücher, Lexika oder auch fremdsprachige Romane und fragen Datenbanken ab: Ist ein Name irgendwo schon belegt? Und wenn er neu ist, ist er als Jungen- oder Mädchenname erkennbar?

Oft scheint Hollywood frischgebackene Eltern zu inspirieren, Filmfiguren wie die Häuptlingstochter Neytiri aus "Avatar" sind populär. "Der Name ist seitdem sehr häufig angefragt worden", sagt Rüdebusch. Aus der Trilogie "Herr der Ringe" von J.R.R. Tolkien ist Legolas beliebt. Dagegen hat noch kein Elternpaar seinem Kind den Namen Gollum oder Sauron zumuten wollen.

Die Motive der Eltern bei der Namenswahl wollen die Wissenschaftler noch näher erforschen, aber ein weiterer Trend steht fest: Ortsnamen. "Damit verbinden sich Urlaubserinnerungen". Man verewigt die Flitterwochen oder manchmal - wenig diskret - den Zeugungsort. Was soll man also von einer kleinen Aruba oder Kenia denken? Sydney oder Paris sind zulässig, ebenso Madison und Brooklyn. London ist eindeutig zu geografisch. "Berlin haben wir auch abgelehnt", sagt Rüdebusch.

Tabu sind Schimpfwörter, Gegenstände und die meisten Markennamen. Deswegen geht Apple nicht, dafür aber Sunil (zwar Marke, aber auch indischer Männername). Verbind lich ist die Auskunft der Sprachberater nicht. Juristisch entscheiden die Standesämter, in manchen Fällen die Gerichte. Eltern sollten vor allem daran denken, wie ihre Kinder mit den Namen leben werden, rät GfdS-Geschäftsführerin Andrea-Eva Ewels.

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