Letzter Akt im Justiz-Thriller gegen Jacksons Leibarzt

Los Angeles. Im Prozess gegen Michael Jacksons Leibarzt Conrad Murray sind gestern die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidgung verlesen worden. Nach einem sechswöchigen Prozess mit hunderten Beweisstücken müssen die fünf Frauen und sieben Männer der Jury über Murrays Schicksal entscheiden

 Conrad Murray soll für den Tod von Michael Jackson verantwortlich sein. Im Falle eines Schuldspruchs drohen vier Jahre Haft. Foto: Getty

Conrad Murray soll für den Tod von Michael Jackson verantwortlich sein. Im Falle eines Schuldspruchs drohen vier Jahre Haft. Foto: Getty

Los Angeles. Im Prozess gegen Michael Jacksons Leibarzt Conrad Murray sind gestern die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidgung verlesen worden. Nach einem sechswöchigen Prozess mit hunderten Beweisstücken müssen die fünf Frauen und sieben Männer der Jury über Murrays Schicksal entscheiden. Ist der 58 Jahre alte Kardiologe ein geldgieriger, gewissenloser Arzt, der den Popstar fahrlässig mit Schlaf- und Narkosemitteln vollpumpte? Oder war der "King of Pop" selbst der "Täter", der - von Ängsten und Schlaflosigkeit getrieben - im Juni 2009 heimlich zu starken Medikamenten griff, die ihn am Ende das Leben kosteten? Wann genau die Geschworenen ihr Votum verkünden, ist noch unklar.Der Narkose-Spezialist der Anklage, Steven Shafer, ging hart mit dem Mediziner ins Gericht. Murray sei "für jeden Tropfen Propofol in Jacksons Zimmer" und damit "direkt" für dessen Tod verantwortlich. Er hielt ihm 17 "unverzeihliche" und "ungeheuerliche" Fehler vor, von falscher Wiederbelebung bis zu dem Umstand, dass Murray nicht sofort den Notarzt gerufen habe, als er Jackson leblos in seinem Bett vorgefunden habe. Für Shafer deutet alles darauf hin, dass der Leibarzt seinem schlaflosen Patienten eine größere Menge des Narkosemittels Propofol intravenös verabreichte.

Als "verrücktes Szenario" tat der Anästhesist die Theorie der Verteidigung ab, dass sich Jackson das Mittel möglicherweise selbst gespritzt habe, als sein Arzt nicht im Raum war. Für den Experten der Verteidigung, Paul White, ist dies die einzige Erklärung nach den Autopsiewerten, die im Urin, Blut und Magen des Sängers gemessen wurden. Er beschrieb einen Vorgang, nach dem Jackson ohne Wissen seines Arztes selbst zu einer Propofol-Spritze gegriffen haben könne, nachdem er bereits heimlich das Beruhigungsmittel Lorazepam geschluckt hatte. "Ich glaube nicht, dass Jackson die potenzielle Gefahr kannte", mutmaßte White.

Nach dem amtlichen Ergebnis der Gerichtsmedizin war der 50-jährige Jackson am 25. Juni 2009 an einer "akuten Vergiftung" mit Propofol im Mix mit anderen Beruhigungsmitteln gestorben. Murray hatte im Polizeiverhör zugegeben, dem schlaflosen Jackson über Wochen hinweg das weißliche Propofol gespritzt zu haben. Der Sänger, der vor seinen geplanten Mega-Konzerten in London unter Druck stand, habe ständig nach seiner "Milch" verlangt. Propofol wird normalerweise nur vor Operationen oder auf der Intensivstation im Krankenhaus gespritzt und erfordert die ständige Überwachung des Patienten.

Am Dienstag hatte Murray den Auftritt im Zeugenstand ausgeschlagen. So bleibt den Juroren nur der Text einer zweieinhalbstündigen, polizeilichen Vernehmung Murrays zwei Tage nach Jacksons Tod. Da hatte Murray eingeräumt, Propofol gespritzt zu haben, jedoch nur eine kleine, ungefährliche Menge. Wird Conrad Murray wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen, drohen ihm bis zu vier Jahre Haft. Jacksons Familie hatte nach dem Tod des Sängers auf eine schwerwiegendere Anklage gedrängt. Sie wollte den Leibarzt wegen Totschlags angeklagt sehen. dpa

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