Leichtes Spiel für den Tornado

Moore · Die Tornado-Katastrophe von Moore/ Oklahoma haben Menschen mit verursacht. So könnten sieben Kinder noch leben, wenn eine Grundschule Schutzräume gehabt hätte. Solche fehlen im Ort – aus Kostengründen.

Gayland Kitch hat eine gute Erklärung, warum er keinen Schutzkeller braucht. Als Direktor der Katastrophenschutz-Behörde von Moore sitzt er von Berufs wegen in einem sicheren Raum, wenn ein Tornado die 50 000 Einwohner große Stadt vor den Toren von Oklahoma City ins Visier nimmt. Allen anderen Bürgern riet die Stadt auf ihrer Webseite: Jeder Einwohner sollte einen sturmgeschützten Raum oder einen Keller haben.

Nachdem am vergangenen Montag zum dritten Mal innerhalb von 15 Jahren ein gewaltiger Tornado mit Windgeschwindigkeiten von über 300 Kilometern pro Stunde durch Moore wütete, stehen die Verantwortlichen vor einer offenkundigen Frage. Warum hatten die dem Erdboden gleichgemachte öffentliche "Plaza Towers"-Grundschule keine Schutzräume?

"Die Konstruktion war nicht so, wie sie sein sollte", räumt Bürgermeister Glenn Lewis zähneknirschend ein. Der Monster-Tornado zerlegte das Gebäude wie ein Kartenhaus und tötete sieben Kinder, die noch leben könnten, wenn die Schule einen sicheren Raum gehabt hätte.

"Wegen der Kosten haben die meisten Schulen Oklahomas keine Schutzräume", rechtfertigt sich Lewis im US-Fernsehen. Der republikanische Abgeordnete Marc McBridge, der Moore im Kongress von Oklahoma vertritt, bestätigt das. Der fromme Geschäftsmann räumt ein, sichere Räume in den Schulgebäuden hätten "keine hohe Priorität genossen". Bildung sei ohnehin schon teuer genug.

Die Meinung des Abgeordneten McBridge räsonierte in Moore, das 1999 Schauplatz des bis dahin schwersten Tornados in der Geschichte der USA war. Statistisch liege die Chance nur bei 1-2 Prozent, noch einmal von einem Tornado getroffen zu werden, rechtfertigen die Verantwortlichen der Stadt, warum es bis heute keine öffentlichen Schutzräume gibt. Zudem seien die Menschen nirgendwo sicherer als in "einem vernünftig gebauten Wohnhaus". Tatsächlich erfüllt nicht einmal jedes zehnte Haus diesen Anspruch. Dieses Phänomen ist keine Besonderheit für Moore. Überall in der "Tornado-Gasse" dominiert der Glaube an den kleinen Staat, der nicht in Infrastruktur investiert, weil dies zu höheren Steuern führen könnte. Jeder ist seines Glückes Schmied. Obwohl mit durchschnittlich 1253 Tornados im Jahr das Frühjahr so sicher Wirbelstürme bringt, wie es andernorts im Winter schneit.

In Moore boten die Stadtväter den Bewohnern der besonders gefährdeten Wohncontainer-Parks auf ihrer Tornado-"Bereitschaftsseite" einen kostenlosen Rat an. "Sie müssen sich besser über die Wetterbedingungen auf dem Laufenden halten." Wenn ein Unwetter nahe, gelte es keine Zeit zu verlieren. "Wir hoffen gewiss, dass sie einen Plan haben, ihr Haus zu verlassen und Schutz an einem besseren Ort zu finden."

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Hintergrund24 Tote, 2400 zerstörte Häuser, eine Milliarde Dollar (772 Millionen Euro) Sachschaden - das ist die Bilanz des Tornados im US-Staat Oklahoma. Zwei Tage nach der Katastrophe rechneten die Rettungskräfte nicht mehr damit, weitere Überlebende oder Tote unter den Trümmern der Kleinstadt Moore zu finden. US-Präsident Barack Obama sprach von "einem der zerstörerischsten Tornados in der Geschichte". Gestern begannen die Menschen mit Aufräumen. dpa

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