Leben im Gleichgewicht

Shanghai. Er sieht aus wie die Raumstation in einem Science-Fiction-Film - der deutsche Pavillon für die Weltausstellung 2010 in Shanghai. Die vier kubischen Gebäudekörper scheinen über der Erde zu schweben. Verbunden sind sie mit einem "Energiezentrale" genannten Dom, dem Herzstück des Pavillons, dessen Pläne Bundeswirtschaftsminister Brüderle gestern in Berlin vorstellte

Shanghai. Er sieht aus wie die Raumstation in einem Science-Fiction-Film - der deutsche Pavillon für die Weltausstellung 2010 in Shanghai. Die vier kubischen Gebäudekörper scheinen über der Erde zu schweben. Verbunden sind sie mit einem "Energiezentrale" genannten Dom, dem Herzstück des Pavillons, dessen Pläne Bundeswirtschaftsminister Brüderle gestern in Berlin vorstellte. Keines der einzelnen Teile allein wäre stabil genug. Erst ihr Zusammenspiel schafft eine kompakte Raumskulptur: "Balancity" heißt das Motto - eine Stadt im Gleichgewicht. "Wir wollten zeigen, wie wichtig eine Vernetzung ist, um eine Balance zu schaffen", sagt der Projektleiter Florian Özdikmen vom Münchner Architekturbüro Schmidhuber und Kaindl über den Entwurf des Architekten Lennart Wiechell.

Erstmals seit der Expo 2000 in Hannover bauen die Länder wieder eigene Pavillons, um sich vom 1. Mai bis 31. Oktober den erwarteten 70 Millionen Besuchern zu präsentieren. Es wird die größte Weltausstellung aller Zeiten. Das übergreifende Thema lautet "Better City, Better Life" - eine bessere Stadt, ein besseres Leben. Deutschland will sich mit Konzepten für nachhaltige Stadtentwicklung als innovatives, zukunftsorientiertes Land vorstellen, das gleichwohl seine Wurzeln und Traditionen bewahrt hat.

"Unter dem Oberbegriff "Balancity" - die Stadt in Balance - präsentieren wir einen Vorschlag, eine Utopie einer besseren Stadt der Zukunft", sagt Özdikmen. "Das weicht ab von konservativen oder konventionellen Ansätzen - also einer monofunktionalen Stadt, die aufgeteilt ist in einzelne Bereiche wie Wohnen, Arbeiten, Erholung, Industrie und Gewerbe." Vertikal angeordnet sollen sich diese Flächen künftig in Städten überlagern, um Synergien, ein Zusammenwirken zu schaffen, Wege zu verkürzen und ein neues Wohlgefühl erzeugen, was in dem Pavillon architektonisch vorgeführt wird.

Nie zuvor war ein deutscher Pavillon so groß. Die Kosten für den ganzen Auftritt werden auf rund 50 Millionen Euro geschätzt. Wenige Wochen vor Expo-Beginn erhält der Stahlbau eine "zweite Haut" aus hellem Stoff, der ihm seine endgültige, leichte Form gibt. Das Material soll an die chinesische Textilgeschichte oder den chinesischen Schirm erinnern. Es soll den Pavillon auch vor der heißen Shanghaier Sommersonne schützen. Hinter dem transparenten Stoff bleibt die dunkle Konstruktion erkennbar, entwickelt durch die Lichteinstrahlung ein Innenleben. "Wir wollten mit einfachen Elementen einen Aha-Effekt schaffen", sagt Architekt Özdikmen.

In den verwinkelten Bau zieht sich am Eingang eine Grünfläche aus Japanischem Blutgras, das seine Farbe über die sechs Monate in ein herbstliches Rot wandeln wird. Wer dabei an die blutige kriegerische Vergangenheit der Japaner in China denken sollte, missversteht den Architekten aber. Das Ziergras hat seinen Namen nur von seiner Farbe und wird auch "Roter Baron" genannt.

Bei vielen anderen Länderpavillons erscheint zweifelhaft, ob sie rechtzeitig fertig werden. Zehn Prozent Nachzügler könnte es geben, erwarten die chinesischen Expo-Organisatoren. Die Deutschen sind indes auf Kurs. Vor allen anderen hatten sie den ersten Spatenstich getätigt und Richtfest gefeiert.

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