Wunderkind Laurent hat Abitur – mit acht Jahren
Amsterdam · Das Wunderkind aus Amsterdam sucht jetzt eine passende Universität.
Immer wenn die Bässe laut durch das alte Haus an der Prinsengracht in Amsterdam dröhnen, lernt Laurent. „Er lernt am liebsten ohne Kopfhörer“, sagt seine Mutter Lydia Simons und rollt mit gespieltem Entsetzen die Augen. Laurent sitzt neben ihr am Esstisch und grinst schelmisch. Zur Zeit muss er nicht lernen. Er hat gerade erst sein Abitur bestanden und wurde dafür fast schon weltberühmt. Denn Laurent ist erst acht Jahre alt.
Hochbegabt, Genie, Wunderkind. Schon jetzt wird der belgisch-niederländische Junge mit einem IQ von 145 von Medien mit Albert Einstein und Stephen Hawking verglichen. Doch er wirkt nicht so, als ob ihn das einschüchtern würde. Laurent ist ein freundliches, zurückhaltendes Kind. „Ich will Dinge gerne wissen.“ Das war schon immer so, erinnert sich Mutter Lydia. „Warum, warum, warum, fragte er immer.“ Inzwischen ist es häufiger andersherum, räumt sie ein. Dann fragt sie den Achtjährigen. „Er kann gut erklären und hat Geduld“, bestätigt Vater Alexander. „Wenn er jemanden mag.“ Laurent grinst.
Als hochbegabt gilt, wer einen Intelligenzquotienten von über 130 hat. Nur rund zwei Prozent der deutschen Bevölkerung fallen darunter, wie die Wiesbadener Stiftung „Kleine Füchse“ informiert. Ab einem Intelligenzquotienten von 140 wird von Höchstbegabung gesprochen. Einen IQ von 145 oder höher erreichen laut Stiftung 0,1 Prozent.
Was Laurent einmal werden will, weiß er noch nicht genau. Was er studieren will hingegen schon: Mathematik. Das war auch sein Lieblingsfach auf dem Gymnasium im belgischen Brügge, wo er in nur wenigen Monaten die Oberstufe durchlief. In der Regel sind die Schüler 18 Jahre alt, wenn sie dort das flämische Abitur machen.
Laurents Vater ist Belgier, seine Mutter Niederländerin. Da beide in ihrer Zahnarztpraxis voll eingespannt waren, wuchs er sechs Jahre lang bei den Großeltern im belgischen Ostende auf. Bevor er nach Brügge wechselte, kam Laurent zunächst auf ein Privatgymnasium in Amsterdam. Das ging schon in der ersten Woche schief, erinnert sich seine Mutter. „Kaum hatte der Lehrer eine Frage gestellt, gab Laurent die Antwort. Das fanden die anderen Kinder natürlich auch nicht schön.“ Schließlich wurde ein maßgeschneidertes Unterrichtspaket für ihn entwickelt. Und ganz wichtig: Er bekam Einzelunterricht. Laurent blühte auf.
Er absolvierte Grundschule und Gymnasium im Rekordtempo. In Amsterdam machte er noch ein Praktikum bei einem Kardiologen. In den Sommerferien besuchte er Sonder-Kurse für Hochbegabte. Und nun bekam er das Abiturzeugnis. Doch als Laurent das schmucklose Diplom in der Hand hielt, reagierte er wie viele Abiturienten. „Dafür habe ich nun so hart gearbeitet.“ Laurent kichert leise, als er an den Moment zurück denkt. „Aber ich bin auch echt stolz.“ Nach dem Sommer will er mit dem Studium beginnen. Die Familie reist nun durch Europa auf der Suche nach einer geeigneten Universität. Der Achtjährige wird aber nicht mit 20-Jährigen im Hörsaal sitzen. Vermutlich könnte er kaum über den Tischrand schauen. Er wird Einzelunterricht von Professoren bekommen. Am liebsten würde Laurent in der Nähe von Oma und Opa und seinen Freunden bleiben.
Doch erst mal sind Sommerferien. Auch ein kleines Genie kann das Nichtstun genießen. „Wir fahren nach Marbella“, sagt er. „Da kann ich mit Jet-Ski fahren und schwimmen.“ Und er fährt mit seinen Eltern in den Europa-Park. Vorher muss er noch ein paar Interviews geben. „Das ist mal schön, aber manchmal auch doof“, sagt er diplomatisch. Seine Eltern hoffen, dass Laurent bald wieder in Ruhe gelassen wird und das tun kann, was er am liebsten mag: nachdenken und lernen.