Kommt Belgiens "Teufel" frei?

Brüssel. Belgien wird seinen Albtraum nicht los. Immer wieder holt die Affäre Marc Dutroux das Land ein. Heute ist es wieder soweit. Dieses Mal aber schlagen die Wogen besonders hoch: Der 55-jährige mehrfache Kindsmörder hat seine vorzeitige Entlassung aus der Haft beantragt. Die Bitte ist Grundlage für einen Haftprüfungstermin

 2004 verfolgte Marc Dutroux die Verhandlung im Gericht. Jetzt beschäftigt er erneut die belgische Justiz. Foto: Belga/dpa

2004 verfolgte Marc Dutroux die Verhandlung im Gericht. Jetzt beschäftigt er erneut die belgische Justiz. Foto: Belga/dpa

Brüssel. Belgien wird seinen Albtraum nicht los. Immer wieder holt die Affäre Marc Dutroux das Land ein. Heute ist es wieder soweit. Dieses Mal aber schlagen die Wogen besonders hoch: Der 55-jährige mehrfache Kindsmörder hat seine vorzeitige Entlassung aus der Haft beantragt. Die Bitte ist Grundlage für einen Haftprüfungstermin. Nach belgischem Recht kann eine Gefängnisstrafe nach einem Drittel der Haftzeit beendet werden. Das Parlament in Brüssel billigte am Donnerstag zwar eine Reform, sodass künftig frühestens nach einer Verbüßung von zwei Dritteln die vorzeitige Entlassung möglich ist. Doch die Novellierung gilt nur für künftige Fälle.

Die Vorstellung, dass der Mann, der zwischen Juni 1995 und August 1996 sechs Mädchen entführt, vergewaltigt und vier von ihnen ermordet hat, in Kürze freikommen könnte, erschüttert das Land. Am Freitag reichten Angehörige der Dutroux-Opfer Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ein. Sie beschweren sich darüber, dass sie bei der juristischen Bewertung des Antrags auf frühzeitige Haftentlassung nicht gehört werden sollen - wie schon Mitte 2012, als die frühere Dutroux-Ehefrau und Mittäterin Michelle Martin (52) die Zelle im Gefängnis mit einer im Kloster tauschen durfte.

Zwar bemühen sich seit Wochen einige Experten, die Öffentlichkeit zu beruhigen, weil der Fall Dutroux ganz anders liege, als der seiner Ex. Doch sie dringen nur bedingt durch. "Er ist jemand, der praktisch keine Chance hat - auch auf lange Sicht -, wieder freizukommen", betonte der bekannte Strafrechtler Marc Preumont. Im Übrigen erfülle der Kindsmörder keine der nötigen Voraussetzungen: Er habe kein Kloster, das ihn aufnehmen werde, und wolle deshalb mit einer Fußfessel leben. Einen Job gebe es ebenso wenig wie eine positive Sozialprognose. Mehrere Gutachter bestätigten, dass Dutroux rückfällig werden könne.

Doch ein Trost für die aufgebrachte Öffentlichkeit ist das nicht. Zu viel hat das Land erlebt. So hieß es zunächst, Michelle Martin dürfe das Kloster in Malonne nicht verlassen. Tatsächlich tauchte sie aber vor Weihnachten im mondänen Seebad Knokke auf, ließ sich - begleitet von mehreren Leibwächtern - für 80 Euro frisieren und speiste ausgedehnt in einem vornehmen Restaurant.

 2004 verfolgte Marc Dutroux die Verhandlung im Gericht. Jetzt beschäftigt er erneut die belgische Justiz. Foto: Belga/dpa

2004 verfolgte Marc Dutroux die Verhandlung im Gericht. Jetzt beschäftigt er erneut die belgische Justiz. Foto: Belga/dpa

Dutroux könnte theoretisch im April 2013 freikommen. Doch nicht einmal sein Anwalt rechnet damit. Der wurde von dem Antrag seines Mandanten völlig überrascht und räumte ein, er hätte ihm davon abgeraten. Zumal die zuständigen Behörden im Herbst 2012 bereits den Wunsch Dutroux' auf regelmäßigen Hafturlaub zurückgewiesen hatten. Doch all das, so heißt es in Zeitungskommentaren und Internet-Foren, seien nur Indizien dafür, dass Dutroux auch heute scheitert. Und wenn nicht? Ein Schreiber sagte offen: "Dann erlebt dieses Land einen Aufstand, den es noch nicht gegeben hat. Einen Teufel lässt man nicht frei."

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