Kein Job für Zartbesaitete

Garmisch-Partenkirchen · Starker Wind, der bis in die Wetterstation kriecht, und eisige Temperaturen: Wetterbeobachter auf Deutschlands höchstem Berg zu sein, ist hart. Und eine Rückkehr ins warme Zuhause nicht immer möglich.

 Jede halbe Stunde klettert Jürgen Keil auf die Plattform der Wetterstation. Foto: Jürgen Keil/dpa

Jede halbe Stunde klettert Jürgen Keil auf die Plattform der Wetterstation. Foto: Jürgen Keil/dpa

Foto: Jürgen Keil/dpa

Mit über 100 Stundenkilometern fegen die Sturmböen über die Zugspitze hinweg. Das Thermometer zeigt minus 15 Grad, doch bei Windstärke zehn fühlt sich die Temperatur mindestens doppelt so kalt an. "Es pfeift an allen Ecken und Enden", sagt Jürgen Keil.

Der 44-Jährige arbeitet seit sieben Jahren als Beobachter für den Deutschen Wetterdienst auf der Zugspitze. Er hat Deutschlands höchstgelegenen Arbeitsplatz. Mit 2966 Metern liegt die Plattform der Wetterstation vier Meter über dem Zugspitzgipfel. "Der Sturm kann noch zunehmen", sagt Keil beim Blick auf seine Messgeräte. Windgeschwindigkeiten bis 110 Stundenkilometern seien möglich. Für die kommenden Tage wurden Werte bis minus 20 Grad erwartet.

Wetterbeobachter auf der Zugspitze zu sein, heißt: 24-Stunden-Schichten. Tagsüber müssen jede halbe Stunde Temperatur, Luftdruck, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit und -richtung sowie die Niederschlagsmenge gemessen und an die Zentrale des Wetterdienstes gemeldet werden. Alle 30 Minuten steigt der 44-Jährige auf die Plattform der Wetterstation und entnimmt den Messbecher - auch bei Orkanböen und strengem Frost. An vielen Tagen im Jahr muss er erst das Eis im Becher auftauen. "Und auch wenn die Temperatur längst elektronisch gemessen wird, gilt es stets den Temperaturfühler eisfrei zu halten", sagt Keil.

Zwischen 21.30 Uhr und 5.00 Uhr werden zwar keine Werte abgelesen, aber die Wetterbeobachter sind in Bereitschaft. Ein Bett ermöglicht ein wenig Schlaf, außer der Wind weht so stark wie in diesen Tagen. "Bei starken Sturmböen schwankt der Turm leicht, auch die Monitore vibrieren", weiß Keil aus Erfahrung. "An Schlaf ist dann nicht zu denken."

In sieben Jahren Dienst ist es Keil erst zweimal passiert, dass er nicht mehr zurück ins Tal fahren konnte. Die Seilbahn fällt wegen zu starken Windes öfter aus, fast immer fährt aber die Zahnradbahn. "Nur wenn der Sturm einen Baum aufs Gleis wirft, ist auch sie außer Betrieb", erläutert der Wetterbeobachter. "Dann dauert die Schicht halt so lange, bis ich abgelöst werden kann." Nicht so eisig wie auf der Zugspitze, aber sehr kalt wird es heute und morgen im Saarland. Die Temperaturen erreichen heute tagsüber minus vier bis minus zwei Grad. Nachts kann es vereinzelt zu Glätte kommen. Das teilte der Deutsche Wetterdienst mit. In der Nacht auf Samstag sinken die Temperaturen weiter auf Werte zwischen minus sieben und minus 13 Grad. Mit Reifglätte oder mit überfrierender Glätte muss nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes gerechnet werden. In Teilen des Saarlandes dürfen sich die Menschen auf leichten Schneefall freuen, für eine Schneeballschlacht wird es aber nicht reichen.

Zum Thema:

Am Rande Das Sturmtief "Axel" hat die Menschen in Deutschland mit großer Wucht getroffen: Sturmflut an der Ostsee, Schneechaos im Süden und Unfälle in fast allen Bundesländern. An den Küsten Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns gab es in der Nacht zu Donnerstag Überschwemmungen, in Bayern mehr als 300 Verkehrsunfälle. In der Nacht zu Freitag fielen die Temperaturen deutlich unter den Gefrierpunkt, in Süd- und Südostdeutschland teils auf minus 20 Grad. red

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