Kardinäle sollen schweigen

Rom. Das Konterfei des Papstes hängt gegenüber an der Wand. Paolo Gabriele sitzt auf der Anklagebank, die in diesem Fall eine echte Bank aus dunklem Holz ist. Wenn er den Kopf hebt, blickt er auf das Bild des Mannes, dessen Vertrauen er missbraucht hat, Papst Benedikt XVI

Rom. Das Konterfei des Papstes hängt gegenüber an der Wand. Paolo Gabriele sitzt auf der Anklagebank, die in diesem Fall eine echte Bank aus dunklem Holz ist. Wenn er den Kopf hebt, blickt er auf das Bild des Mannes, dessen Vertrauen er missbraucht hat, Papst Benedikt XVI. "Wie aus dem Ei gepellt" sieht er aus, erzählt später eine Beobachterin: weißes Hemd, Krawatte und grauer Anzug. Doch in seinen Zügen ist auch der Druck abzulesen, der auf ihm ruht. "Paolo Gabriele ist weiß im Gesicht, schwerfällig und hat Augenringe", schreibt die Zeitung La Repubblica.Der 46 Jahre alte Gabriele wird beschuldigt, Dutzende Geheimdokumente sowie mehrere Wertgegenstände vom Schreibtisch des Papstes gestohlen zu haben. Vier Verhandlungstage seien bereits für kommende Woche festgelegt worden. "Das könnte genügen", sagte der Vorsitzende Richter Giuseppe Dalla Torre. Gabriele drohen bis zu vier Jahre Haft. Der Papst kann ihn begnadigen.

Auf Antrag der Verteidigung trennte das Gericht das Verfahren gegen den Informatiker aus dem Staatssekretariat, Claudio S., ab. Er ist wegen Beihilfe angeklagt und erschien am Samstag nicht. Ein rasches Verfahren lässt auch die Tatsache erwarten, dass im Fall Gabriele nur acht Zeugen angehört werden, darunter der Privatsekretär des Papstes, Monsignor Georg Gänswein. Er hatte Gabriele überführt und soll bei der nächsten Sitzung am Dienstag aussagen.

Zeugen abgelehnt

Der Ex-Butler Paolo Gabriele gilt als Auslöser des "Vatileaks"-Skandals, der brisante Details aus dem Innenleben der römischen Kurie zu Tage brachte. Aus den Dokumenten, die Gabriele an den Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi weiterleitete, wurden Querelen, Vorwürfe der Misswirtschaft, Korruption und Geldwäsche bekannt.

Eine vom Papst eingesetzte Kommission von drei Kardinälen ist weiterhin auf der Suche nach Hintermännern. Ihre Ergebnisse sollen auf Wunsch des Papstes nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Das dreiköpfige Richtergremium lehnte einen entsprechenden Antrag der Verteidigung Gabrieles ab. Sie wollte die Zeugenbefragungen der Kommission in die Verhandlung einbeziehen. Der Prozess wird morgen mit der Vernehmung Gabrieles fortgesetzt.

Während die meisten Beobachter geringe Erwartungen haben, dass der Prozess die Hintergründe von "Vatileaks" aufklärt, könnte das Verfahren gegen den Informatiker Claudio S. neue Details zu Tage fördern. S. soll laut Anklage ein Kuvert mit Dokumenten von einem Monsignore aus dem Staatssekretariat, der Regierungszentrale des Vatikan, bekommen und an Gabriele weiter geleitet haben.

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