Bürger gegen Wildparker „Kannste so parken, ist dann halt scheiße“

Stuttgart · Sie stehen auf Gehwegen, in Einfahrten oder Elternplätzen: falsch geparkte Autos. Jetzt schlagen genervte Anwohner zurück.

 Ungünstig geparkt mit Folgen: Aktivisten in Stuttgart haben dieses falsch abgestellte Auto einmal komplett mit Folie eingewickelt.

Ungünstig geparkt mit Folgen: Aktivisten in Stuttgart haben dieses falsch abgestellte Auto einmal komplett mit Folie eingewickelt.

Foto: dpa/Radfahren In Stuttgart

Die Botschaft ist eindeutig. „Kannste so parken, ist dann halt scheiße“ steht in Großbuchstaben auf dem Zettel an der Windschutzscheibe. Das Auto selbst ist in Folie verpackt – und mit einer Schleife aus Flatterband versehen. Genervte Anwohner haben Falschparkern in Stuttgart kurz vor Weihnachten auf diese Weise ein zweifelhaftes Geschenk gemacht, um sie auf deren Fehlverhalten hinzuweisen. Und auch in anderen Großstädten werden gebeutelte Fußgänger und Radfahrer zunehmend aktiv.

„Kinder können auf dem Gehweg nicht mit dem Kinderrad zur Kita oder in die Grundschule radeln, weil sie an den Ecken nicht durchkommen“, kritisiert die grüne Stadträtin Christine Lehmann, die über die Aktion gebloggt hat. Sie wohnt im dicht besiedelten Stuttgarter Süden, in dem das Ganze stattfand und in dem Autofahrer häufig halb auf dem Gehweg parken oder Fußgängern den Weg auf die Straße versperren. „Tagsüber ist, wie wir alle wissen, die Lage entspannter, aber wenn abends die Parkerei losgeht, dann kommt der Kollege im Rollstuhl nicht mehr zu seiner Stammkneipe.“

Das Problem der Autostadt Stuttgart mit rund 345 000 gemeldeten Pkw kennen auch andere Großstädte. Die Stadt Heidelberg verpasste Falschparkern im vergangenen Jahr buchstäblich einen Denkzettel, indem sie ein falsch geparktes Auto mit Tausenden Post-it-Zetteln beklebte. Einen Internethit landete im Sommer ein Twitter-Nutzer aus Köln, der den Spieß umdrehte: Er postete ein Foto von einem verwaisten Rad, das mitten auf einer Straße steht. Auf einem Zettel ist für herannahende Autofahrer als Begründung zu lesen: „Nur kurz zum Bäcker.“

Auch Aufkleber gegen Falschparker werden unters Volk gebracht – Parkaffen. Die bunten Bildchen kann man im Internet gleich für verschiedenes Fehlverhalten bestellen – für die versperrte Einfahrt, den unerlaubt genutzten Behindertenparkplatz, das zugeparkte Grundstück oder schlicht für „dämliches“ Parken. Seit Jahren finden Gehweg-Parker zudem immer wieder Aufkleber mit dem Aufruf „Parke nicht auf unseren Wegen“ am Wagen.

„Schnell die Getränke ausladen, nur kurz zum Briefkasten oder den besten Kumpel abholen. Es gibt tausend Gründe, das Auto mal „ganz kurz“ abzustellen“, heißt es bei der Landesverkehrswacht. Gegen Falsch­parker haben sie jüngst die Aktion „Bitte Freimachen“ gestartet und betonen: „Falschparken ist da, wo andere gefährdet werden können, kein Kavaliersdelikt.“

Falschparker sollen mit der Aktion auf ihr Fehlverhalten hingewiesen werden. Dazu werden Postkarten unter die Scheibenwischer verkehrswidrig abgestellter Fahrzeuge geklemmt. Auf der Karte wird der Betroffene über die Probleme durch sein Handeln aufgeklärt.

Aber sind private Aktionen wie die mit der Folie überhaupt legal? „Es wurde kein Auto beklebt, noch irgendwie sonst beschädigt“, erklären etwa die Stuttgarter Aktivisten von „Zweitrat“ bei Twitter. „Die Aktion ist bewusst gewaltfrei.“ Bei der örtlichen Polizei sieht man das ähnlich. Sachbeschädigung vielleicht? „Es kommt darauf an, was es für ein Aufwand ist, die Folie zu entfernen“, sagt ein Sprecher. In dem Fall halte sich der aber in Grenzen. Anzeigen von Betroffenen gebe es keine – vielleicht auch aus Angst, sich als Falschparker zu outen.

Wird das „Auspacken“ hingegen schwieriger, greift Absatz 2 vom Paragraf 303 des Strafgesetzbuchs. Demnach wird auch derjenige bestraft, der „unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.“ Vor Strafe fürchten müssen sich in Stuttgart indes auch die rücksichtslosen Autofahrer: „Die Stadt wird künftig stärker eingreifen“, kündigt ein Sprecher an. „Sie hat Kompetenzen zum Abschleppen von der Polizei übernommen.“ Bisher seien jährlich 1500 Autos abgeschleppt worden – künftig dürften es ihm zufolge 2200 sein.

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