Kampf um freien Meerblick

Hooksiel/Rostock · Pack die Badehose ein – und die Geldbörse: Für viele Strände an Nord- und Ostsee wird Eintritt fällig. Die Kommunen wollen auf die Einnahmen nicht verzichten, die Gäste sind genervt. An Pfingsten wird in Hooksiel auf besondere Weise protestiert.

Strandhindernisse besonderer Art nerven Touristen an der niedersächsischen Küste: Dort ist der Gang zum feinen Sandstrand häufig mit Absperrgittern und Zäunen verstellt. Erst nach dem Bezahlen am Kassenhäuschen wird der Weg zum Wasser frei. "Das geht gar nicht", schimpft der Friese Janto Just aus dem niedersächsischen Hooksiel bei Wilhelmshaven. "Ein Meer mit Zaun davor - das ist doch Oberquatsch." Just und die Initiative "Freie Bürger für freie Strände" wollen das Gebührenmodell mit Drahtzaun abschaffen und klagen deswegen vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg.

Die Diskussion um freie Strände und vor allem um Zäune wie in Niedersachsen köchelt seit Jahren immer wieder hoch. Die Gebührenpraxis ist umstritten, aber weit verbreitet: Auch in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern kostet der Strandzugang häufig Geld. Gegen die Bezahl-Schranke mit Zaun in Hooksiel wollen Aktivisten nun am Pfingstmontag mit Leitern zum Übersteigen der Zäune demonstrieren. Dort an der Nordsee werden für Tagesgäste von außerhalb drei Euro Strandgebühr pro Person fällig, und zwar in der Saison von April bis Oktober: "Und dann ist vielleicht auch noch schlechtes Wetter, oder das Meer ist wegen Ebbe nicht zu sehen", sagt Just.

Zusammen mit anderen Klägern pocht er auf den Paragrafen 59 im Bundesnaturschutzgesetz. Danach muss der Zugang zu Natur und Landschaft für Erholungszwecke grundsätzlich frei sein. In Niedersachsen gebe es jedoch auf 120 von 134 Strandkilometern eine Abgabepflicht. "Auch bei einem Tageskurbeitrag muss Spazierengehen und Baden unentgeltlich möglich bleiben", verlangt der Niedersachse. Die Kommunen verdienten schon Millionen Euro an Übernachtungsgästen, daher sollten Tagesgäste verschont bleiben, wenn sie nur mal kurz baden wollten. Tourismusverbände im Norden zeigen da mehr Verständnis für die Küsten- und Inselgemeinden, denn die Kommunen zahlten ja auch hohe Kosten für die Reinhaltung der Strände. Ob Kurbeitrag, Gebühr oder Abgabe für den Strandzugang: Die meisten Gäste hätten dafür Verständnis, wenn die Strände und Toiletten sauber seien. Gleichwohl werden im offiziellen niedersächsischen Landeskonzept zur Nordsee-Entwicklung Alternativen empfohlen, um den Strandzugang kostenlos zu ermöglichen, etwa über Parkplatzgebühren.

Anders als in Niedersachsen werden in Schleswig-Holstein kaum noch Strände mit Zäunen gegen zahlungsunwillige Besucher abgeschirmt, wenngleich auch hier vielfach Automaten und Kassenhäuschen bereit stehen. "Die Kommunen müssen ihre Aufwendungen refinanzieren", sagt Catrin Homp vom Tourismusverband Schleswig-Holstein. Außerdem müssten Übernachtungs- und Tagesgäste rechtlich gleichgestellt sein.

Tobias Woitendorf vom Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern findet, dass für ein Freizeitvergnügen in sauberer Natur eine Strandgebühr durchaus in Ordnung ist. "Wer ins Kino geht, ist auch bereit, zu zahlen."

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