Kampf um den Mampf-Unterricht
Berlin · Unabhängig von Herkunft und Schultyp lernen, wie man sich richtig ernährt. Das war die Idee hinter dem Schulfach Ernährungsbildung des Gesundheitsministeriums. Den Ländern aber schmeckt die Idee nicht.
Dass viele Kinder zu dick sind, ist bekannt. Deutschlands Nachwuchs lebt einfach zu ungesund, glaubt auch der zuständige Ernährungsminister Christian Schmidt (CSU ). Deshalb sagt Schmidt schon seit langem: "Wir brauchen ein Schulfach Ernährungs- oder Verbraucherbildung." Damit Kinder sich eines gesunden Lebensstils bewusst würden. Klingt gut. Doch die Länder halten offenbar nichts von der Idee. Und jetzt werfen die Grünen Schmidt auch noch vor, Geld zu verschwenden für eine zu teure Kampagne zum Schul- und Kitaessen.
"Jedes Kind soll das Einmaleins einer gesunden Ernährung lernen - unabhängig von der Herkunft und vom Schultyp", heißt es in der Antwort des Ministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen, die unserer Zeitung vorliegt. Ein entsprechendes Schulfach könne einen wichtigen Beitrag leisten zur Prävention ernährungsbedingter Krankheiten. Dadurch werde auch das Gesundheitssystem entlastet, da die Folgen ungesunder Ernährung jährlich 17 Milliarden Euro kosten würden. Soweit Schmidts Argumente, die er kürzlich auch der Kultusministerkonferenz (KMK) schriftlich mittgeteilt hat. Denn ihm ist klar: Geht es um Schulfächer und Lehrpläne, sind die Länder zuständig.
Inzwischen flatterte Schmidt die Antwort der Kultusminister auf den Schreibtisch - mit keiner guten Nachricht. Die Länder fürchten, dass die Schulen überfrachtet werden könnten. Das Thema Ernährung sei zudem in allen 16 Ländern längst "in verschiedenen Unterrichtsfächern" wie Sachkunde, Hauswirtschaft und Biologie integriert. Deshalb bestehe dort Skepsis "gegenüber einem speziellen, eigens geschaffenen Schulfach", teilt Schmidts Ressort in der Antwort auf die Grünen-Anfrage mit. Kurzum: Der Vorschlag ist ein Rohrkrepierer.
Allerdings hat sich Zahl der Kinder, die mittags in der Kita oder der Schule verpflegt werden, in den vergangenen zehn Jahren deutlich erhöht. Umso mehr setzt der Minister jetzt auf Kampagnen , um die Bedeutung von gesundem Essen und Ernährungsbildung hervorzuheben.
Doch auch hier droht Ungemach. So präsentierte Schmidt Anfang des Jahres seine Qualitätsoffensive "Macht Dampf - Für gutes Essen in Kita und Schule". Mit der Kampagne sollen die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung flächendeckend bekannt gemacht und etabliert werden. Schmidts Ministerium ließ jetzt wissen, dass dafür rund 2,25 Millionen Euro ausgegeben werden. Zu viel, beklagen die Grünen nun. Die Kampagne sei eine "Luftnummer" auf Kosten der Steuerzahler. So würden die wichtigen Vernetzungsstellen Schulverpflegung in den Bundesländern im Vergleich lediglich mit knapp 1,3 Millionen Euro Bundesmitteln unterstützt, resümiert die Verbraucherexpertin Nicole Maisch. Diese Stellen unterstützen Schulen bei der Gestaltung eines gesunden Verpflegungsangebotes.
"Macht Dampf" beinhalte indes nur "nichtssagende Plakatwände und eine Website, um Eltern zu animieren, sich mehr um das Essen ihre Sprösslinge in den Schulen und Kitas zu kümmern". Sollte der Minister wirklich Verbesserungen wollen, "muss er helfen, das Kooperationsverbot (zwischen Bund und Ländern) aufzuheben", so Maisch. Inzwischen wurde das Verbot etwas gelockert. Mehr ist aber nicht in Sicht.