Jugendwort des Jahres I bims, die Ehrenfrau

München · Das Jugendwort des Jahres überrascht, denn es ist ein Überrest aus der Sprache von Ur-Oma und Ur-Opa – wenn auch mit einer wichtigen Ergänzung.

 Applaus: Annette Schwartzmanns vom Langenscheidt-Verlag präsentiert mit ihrer Jury das Jugendwort des Jahres 2018 „Ehrenmann/Ehrenfrau“.

Applaus: Annette Schwartzmanns vom Langenscheidt-Verlag präsentiert mit ihrer Jury das Jugendwort des Jahres 2018 „Ehrenmann/Ehrenfrau“.

Foto: dpa/Matthias Balk

Wer in einer Bar einen ausgibt oder andere Leute im Auto mitnimmt, der ist bei Jugendlichen ein „Ehrenmann“ oder eine „Ehrenfrau“. Der Begriff ist zum Jugendwort des Jahres gewählt worden. „Jemand, der etwas Besonderes für einen anderen tut“, erklärt eine Mitarbeiterin des Langenscheidt-Verlags gestern bei der Bekanntgabe des Wortes in München.

Anders als in den Jahren zuvor ist das Jugendwort dieses Jahr weder besonders erklärungsbedürftig noch total unbekannt. Er höre das Wort ständig, durch alle Bevölkerungs- und Gesellschaftsschichten hinweg, berichtet Jurymitglied Jeremy Jahn, Polizeikommissar in Berlin-Kreuzberg. „Wir haben es auf jeden Fall schon mal gehört“, sagt auch der Berliner Schüler Lucas Valle Thiele. Kein Hauptstadt-Phänomen, bestätigt der Nürnberger Matthias Weingärtner, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz: Es sei nichts Ungewöhnliches, „Ehrenmann“ oder „Ehrenfrau“ auf Deutschlands Pausenhöfen zu hören.

Die Jugendsprache habe das Wort entstaubt, sagt Literaturwissenschaftler und Jury-Mitglied Oliver Bach. In den vergangenen 100 Jahren sei es so gut wie nicht benutzt worden. Davor hätten es zudem nur höhere Gesellschaftsschichten verwendet, und auch nur auf den Mann beschränkt. Meist ging es um finanzielles Ansehen und Tugendhaftigkeit im militärischen Bereich. Heute sei das anders: Zum einen werde es in jeder Bevölkerungsschicht verwendet, zum anderen auch auf die Frau ausgeweitet.

Die Auswahl zeige die gesellschaftliche Entwicklung, erklärt Jurorin und Rhetoriktrainerin Carolin Sabath. Dass ein Wort für beide Geschlechter gewählt wurde, sei ein schöner erster Schritt, selbst wenn das dritte Geschlecht noch fehle. Sie und Literaturwissenschaftler Bach würden sich nicht wundern, wenn bald von einem „Ehrenmenschen“ gesprochen wird. „Es passt sehr in die aktuelle Debatte“, sagt auch Frauke Rüdebusch von der Gesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden. Sie sieht es positiv, dass nicht nur „Ehrenmann“ auserkoren wurde. „Eigentlich sehen wir das aber auch als selbstverständlich an“, so die Sprachwissenschaftlerin.

Sie begrüßt das diesjährige Jugendwort: Es sei anders als in den vergangenen Jahren und: positiv. „Einfach ein Wort, bei dem man es sich gut vorstellen kann, dass es auch in der Alltagssprache verwendet wird“. Gerade dies sei bei vielen Jugendwörtern der vergangenen Jahre nicht der Fall gewesen. 2017 hatte etwa der Ausdruck „I bims“ gewonnen, ein Synonym für „Ich bin“ und „Ich bin‘s“.

Der Wahl – einer Werbeaktion des Langenscheidt-Verlags – war eine unverbindliche Online-Abstimmung vorangegangen. Dort landete „Ehrenmann/Ehrenfrau“ auf dem dritten Platz. 30 Begriffe standen dort seit Ende August zur Auswahl, die abbilden sollten, wie Jugendliche heute reden. Eine Jury aus 21 Kennern musste sich dann für eines der zehn beliebtesten Wörter aus dem Voting entscheiden. Der Favorit der rund 1,5 Millionen Online-Teilnehmer war „verbuggt“ – für etwas, das voller Fehler ist. „Zu einfach, gar nicht so neu und ein negativer Begriff“, begründete Juror Bach die Entscheidung gegen das Wort.

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