Frei und zurück in Deutschland 33 lange Jahre in Haft überstanden

Frankfurt · Mehr als sein halbes Leben saß Jens Söring in einem US-Gefängnis. Jetzt ist der 53-Jährige frei und nach Deutschland zurückgekehrt.

 Nach mehr als drei Jahrzehnten Haft ist Jens Söring frei und zurück in Deutschland. Der heute 53-Jährige war in den USA wegen Mordes an den Eltern seiner damaligen Freundin verurteilt und erst kürzlich entlassen worden.

Nach mehr als drei Jahrzehnten Haft ist Jens Söring frei und zurück in Deutschland. Der heute 53-Jährige war in den USA wegen Mordes an den Eltern seiner damaligen Freundin verurteilt und erst kürzlich entlassen worden.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Jens Söring steigt am Frankfurter Flughafen in den Aufzug. „Baujahr, 1987. Das war ein Jahr nach meiner Verhaftung“, sagt er trocken. Es geht zum Konferenzsaal im Airport Center, wo ihn seine Freunde und Unterstützer erwarten.

Großer Jubel und Applaus. Söring ist überwältigt. „Ich freu mich so sehr, nach 33 Jahren, sechs Monaten und 25 Tagen endlich, endlich hier in Deutschland zu sein.“ Über drei Jahrzehnte saß der in den USA wegen Doppelmordes verurteilte Mann in Haft.

„Ich muss hier psychologisch und emotional ankommen in Deutschland. Ich habe dieses Land drei Jahrzehnte nicht mehr gesehen“, sagt der 53-Jährige. Als Jens Söring 1986 verhaftet wurde, trennte eine Mauer Deutschland, Helmut Kohl war Bundeskanzler und das Internet war noch nicht verbreitet.

„Er muss nicht resozialisiert werden, sondern sozialisiert werden. Er muss Lebenstechniken und Verhaltensweisen lernen, um in dieser Gesellschaft draußen zu überleben“, sagt Kriminologe Bernd Maelicke. „Das ist wie bei einem kleinen Kind – zu lernen, wie ist das mit den Verkehrsregeln, mit dem Internet, mit Smartphones.“

Die Geschichte Sörings nimmt 1984 ihren Anfang: Der deutsche Diplomatensohn kommt an die University of Virginia, wo er seine erste große Liebe, die Kanadierin Elizabeth Haysom, trifft. Im März 1985 werden deren Eltern in ihrem Haus in Virginia mit Messerstichen ermordet. Als ginge man in ein „Schlachthaus“, erinnert sich ein Polizist später. Als Söring und Haysom unter Verdacht geraten, fliehen sie. Ein Jahr nach dem Mord fliegen die beiden in London wegen Scheckbetrugs auf. Sie werden verhaftet und später an die USA ausgeliefert.

Haysom wird wegen Anstiftung zum Mord zu zweimal 45 Jahren Haft verurteilt, Söring bekommt zweimal lebenslang. Er hatte die Morde zunächst gestanden, dann das Geständnis widerrufen und erklärt, die psychisch kranke und drogenabhängige Elizabeth habe ihre Eltern ermordet.

Er habe seine Freundin vor der Todesstrafe schützen wollen und deshalb die Tat auf sich genommen, sagte er später. Er sei davon ausgegangen, dass er als Diplomatensohn nach Deutschland ausgeliefert werde und dann nach einer mehrjährigen Haftstrafe freikomme.

„Die Schuldfrage ist meines Erachtens bis heute nicht abschließend geklärt“, sagt Transatlantik-Koordinator Peter Beyer. „Es sind immer noch viele Fragen offen.“ Am Tatort gefundene DNA-Spuren etwa passten nicht auf Söring. Der ehemalige US-amerikanische Strafverteidiger Andrew Hammel zweifelt dagegen nicht an Sörings Schuld. „Bei der Beweislage wäre Söring zweifelsohne auch in Deutschland für schuldig befunden worden“, schrieb er kürzlich in der FAZ.

Söring selbst beteuert bis heute seine Unschuld. Mehrfach hatte er erfolglos seine Entlassung beantragt. Vor wenigen Wochen entschied dann das zuständige US-Gremium, ihn auf Bewährung freizulassen und abzuschieben. In Deutschland ist Söring ein freier Mann. In die USA darf er nie wieder einreisen.

Seine Unterstützer wollen den 53-Jährigen auf dem Weg in sein neues Leben begleiten. Sie haben eine Wohnung, ein Handy und Kleidung besorgt. Über den Jahreswechsel wird der Ex-Häftling aber erst einmal in den Urlaub fahren. Danach will er durch Deutschland reisen und schauen, wo er sich niederlassen möchte.

„Bitte geben Sie mir etwas Ruhe, um mit meinen Freunden zu sein und um hier anzukommen“, sagte er gestern. Zudem zitiert ihn der Freundeskreis auf Twitter mit folgenden Worten: „Ich bin so gespannt, wie sich Deutschland verändert hat. Und ich will unbedingt durchs Brandenburger Tor gehen!“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort