Matthias Maurer zu Gast bei Ina Müller Saar-Astronaut spricht in ARD-Show „Inas Nacht“ über Windeln und Affären im All

Hamburg/Freisen · Klönen, dabei sich gegenseitig ins Wort fallen und herzhaft lachen. Zusätzlich immer wieder einen pietschen. Das ist das Konzept der ARD-Sendung „Inas Nacht“ auf engstem Raum in einer Hamburger Kneipe. Jetzt war der saarländische Astronaut Matthias Maurer zu Gast.

ARD-Late-Night-Show Inas Nacht mit Saar-Astronaut Matthias Maurer
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Saar-Astronaut Matthias Maurer zu Gast bei Inas Nacht in der ARD

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Foto: ARD/Screenshot: Matthias Zimmermann (hgn)

Schnoddrig-rustikal präsentiert sie ihren Schnack auf engstem Raum, so dass ihre Gäste sogar auf dem Stehtisch am Tresen Platz nehmen müssen. Der gewaltige Shanty-Chor mit gestandenen Männern, der immer wieder mit den gleichen Liedzeilen die rotzigen Plaudereien unterbricht, muss aus Platzmangel vor der Tür durchs geöffnete Kneipenfenster hereinsingen. Dabei wird in der ARD geblödelt, was das Zeug hält. In der seit 2007 laufenden Late-Night-Show „Inas Nacht“ gelingt es Gastgeberin Ina Müller, die ansonsten noch so spießigsten Gesellen aus der Reserve zu locken. Und wenn ihr ungenierter Umgang mit ihren Besuchern es nicht schaffen sollte: Es wird zudem gepietscht, was das Zeug hält, bis das Mundwerk lose sitzt. So jetzt erneut geschehen mit einer Prominenz aus dem Saarland.

Matthias Maurer stellt sich den frechen Fragen von Moderatorin Ina Müller

Die Kabarettistin, Sängerin und Moderatorin aus Norddeutschland, die auch mit 59 Jahren ihr Image als rotzfreche, vorlaute Göre pflegt, begrüßte in der jüngsten Ausgabe Matthias Maurer. Der Astronaut aus Oberthal-Gronig gab sich der feucht-fröhlichen Atmosphäre der wenige Quadratmeter großen Kneipe Schellfischpfosten in Hamburg-Altona hin. Umgeben von zusammengepferchten Gästen und der Hausband. Der 54-Jährige aus dem St. Wendeler Land musste sich wie üblich in dieser TV-Show vom Stehsitz auf den Stehtisch schwingen.

Die norddeutsche Entertainerin kündigte „einen waschechten Astronauten“ und „unseren Mann im All“ an, der „sechs Monate auf der ISS rumgeschwubbelt“ sei. Das war 2021, als Maurer als zwölfter Deutscher mit einer internationalen Crew im Weltraum unterwegs war. Die 60 Minuten Sendezeit teilte er sich mit der Düsseldorfer Komikerin Cordula Stratmann (60), die durchaus dieses legere Fernsehformat zu füllen weiß. Die Künstlerin ist unter anderem als Bewohnerin der fiktiven Schillerstraße beim Privatsender Sat.1 bekannt, eine von Comedians getragene Talk-Show.

Astronaut aus dem Saarland mit herzendem Empfang

Rückker von Astronaut Matthias Maurer von der ISS zur Erde in Bildern
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Saar-Astronaut Matthias Maurer auf der Rückkehr aus dem Weltall zur Erde

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Foto: Nasa/Screenshot: Matthias Zimmermann (hgn)

Dann kam „der Astronaut der Herzen“, wie ihn Ina Müller bezeichnete, vor die Kamera der Spelunke, wo Stratmann und die Moderatorin an der Theke bereits auf ihn warteten. Zu sehen war das im Spätabend-Programm des Ersten am Donnerstag, 8. August. Mit tosendem Applaus, leichtem Sound der zwischen Bänken eingeklemmten Band und mit einer herzlichen Umarmung von Ina, als seien sie seit Jahrzehnten dicke Freunde. So wie sie es eigentlich mit jedem hält, der bei ihr ins Lokal einmarschiert. Maurer im schwarzen T-Shirt mit dem Aufdruck seines Arbeitgebers: der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Anfangs noch nicht ganz so locker, aber schon erleichtert lächelnd über den Empfang, der ihm hier bereitet wurde.

„Aber wie gut Du aussiehst“, umschwärmte sie ihn. Worauf er blitzschnell konterte: „Das ist die Maske.“ Und dann Inas unwiderstehlicher Plauder-Charme als Erwiderung: „Ich habe gelesen, was sich alles an Beine, Gesicht verschiebt am Körper, wenn man sechs Monate im All rumschwubbelt. Da kriegt man das Orbit-Face“ – was auch immer sie unter dem Weltraum-Gesicht versteht. Darauf hatte der Mann aus dem All eine direkte Antwort parat: „Das hat schon seinen Vorteil: Das Wasser geht nach oben, und die Falten verschwinden.“ So viel gleich zu Beginn der wissenschaftlichen Fachberatung zwischen Zapfhahn und Bierdeckel. Letzterer sollte wie gewohnt später noch eine wichtige Rolle einnehmen.

Ernsthafte Gespräche haben es in der ARD-Late-Night-Show schwer

Als Anschauungsobjekt, mit welcher Kapsel und Rakete Matthias Maurer 400 Kilometer weit in die Höhe geschossen wurde, stand ein Plastikmodell griffbereit auf dem Büffet. Worauf der Weltraum-Reisende gestand: „Ich bin mit einer gebrauchten geflogen.“ Empört reagierte darauf die Gastgeberin: „Mit ’ner gebrauchten auch noch!“ Und fügte mit äußerst naivem Gesichtsausdruck an: „Hat’s nicht gereicht für ’ne Neue?“ Zu diesem Zeitpunkt stand bereits ein Glas Gezapftes neben Maurer griffbereit auf dem Tisch.

Wer tatsächlich im Vorfeld auch nur mit einem einzigen ernsthaften Gesprächsansatz gerechnet hat, hatte nicht den geringsten Schimmer, wie irrwitzig diese Sendung immer verläuft. Obwohl die Redaktion im Vorfeld akribisch zu den Gästen recherchiert und diese oft verblüfft darüber sind. So scheiterte Maurer kläglich an dem Versuch, zu erläutern, dass mittlerweile Raumfahrtkapseln entwickelt werden, mit denen statt der bislang maximal vier dann bis zu 100 Astronauten gleichzeitig losgeschickt werden. Darauf Inas Entrüstung: „100! Nein, das will man ja nicht. Da sind dann ja mindestens 20 Idioten dabei.“ Ina drehte sich dabei zu Stratmann, um sich Bestätigung zu sichern.

Dreh- und Angelpunkt: die Windel eines Astronauten

Jetzt war der Moment, in dem es auch den Astronauten nicht mehr hielt, es ihm die Sprache verschlug und er herzlich lachte. Und als dann auch noch die Rede über Weltall-Touristen aufkam, die die Raumstation besucht hatten, hielt es Ina nicht mehr: „Das ist ja nervig. [...] Die machen ja alles kaputt.“ Wie all die Besucher vor ihm hatte auch Maurer kaum eine Chance, sich gegen das ungebremste Redetalent seiner Interviewerin durchzusetzen. Unter anderem als es darum ging, dass er aus ihrer Sicht mit eigentlich 37 Jahren doch sehr alt gewesen sei, sich für die Raumfahrt zu entscheiden. Bei Fußballern sei dies ja ein Alter, mit dem die Sportler bereits in Rente gingen. Und überhaupt fange der „Oberschenkelhals schon an zu quietschen“ – wobei sich Ina ihren Oberschenkel selbst quetschte. „Dann ist man schwerelos. Das quietschende Hüftgelenk geht dann noch“, wusste Maurer zu berichten.

Ina ließ nichts aus. Dass die Astronauten mit einer Windel ins All fliegen. Natürlich wollte sich wissen, ob Maurer da auch schon mal „reingepischert“ hat. „Natürlich“, seine prompte Antwort, ohne zu zögern. Ina verzog das Gesicht. Das müsse doch alles furchtbar unangenehm sein. Beim Weltraum-Spaziergang, der bis zu zehn Stunden dauere, trage er auch Windeln. „Ohne willste da gar nicht aussteigen“, verdeutlichte er. Und Ina ritt auf diesem Thema weiter herum. Ob sich Astronauten mitteilten, wenn sie gerade unter sich gemacht haben, wollte sie es dann ganz genau wissen. Da ließ sich der gelöste Saarländer nicht zweimal bitten und schilderte, wie er und seine Kollegen sich voneinander unterscheidende Prozedere hätten, um alles aufzufangen, was da so rauskommt. Geschafft: Nun wechselte Ina blitzschnell das Thema. Unter Gelächter in der Klause.

Was die Raumstation ISS mit einer deutschen Dachboden-Wohnung gemein hat

Zurück auf die ISS. Ina wusste, dass es auf der sonnenzugewandten Seite bis zu 160 Grad misst und auf der gegenüberliegenden minus 120 Grad. Die für sie treffende Beschreibung: „Das ist ja ’ne gute deutsche Dachboden-Wohnung: im Winter arschkalt, im Sommer zu heiß.“ Wie geht ein Astronaut damit um, fragte sie. Möglicherweise müsse sich Maurer ja wohl auf einer Seite „einschmieren, wenn da so Sonne durchs Fenster kommt“. Hier geriet der seriöse Forscher in den Vordergrund, der nüchtern von „ganz normalen“ Temperaturen innerhalb der Raumstation ISS sprach. Doch es gebe auch ein Fenster, da drohe nach bereits 30 Sekunden ein Sonnenbrand. Ina erkundigte sich postwendend: „Gibt’s da ’nen Rollo?“ Es seien dann doch Blenden von außen, die schützen, erklärte der Spezialist.

Der nächste bildliche Vergleich von Ina sollte nicht lange auf sich warten: Sie bezeichnete die Besatzung auf der ISS als die „härteste WG der Welt“. Schließlich seien die Mitglieder ein halbes Jahr dort oben auf sich gestellt. Sie überlegte kurz, um sich dann bei Maurer zu erkundigen: „Was macht Ihr eigentlich, wenn da so ’ne richtige Arschkrampe dabei ist?“ Auch darauf hatte ihr Gast sofort eine Antwort parat: „Die werden schon vorher aussortiert.“

Das Liebesleben 400 Kilometer in der Schwerelosigkeit

Nach all den Details zu Körperausscheidungen, Hygiene und Ernährung hoch über der Erde ging’s schließlich um den Weltall-Ausstieg. Ob ein Astronaut dann aufgeregt sei in seinem Raumanzug. Daran ließ er mit dieser eindrücklichen Beschreibung keine Zweifel: „Du machst die Tür auf, siehst Deine Füße und 400 Kilometer darunter nichts.“ Nun brachte sich Stratmann in Position. Ob das Team am Abend dann zusammensitzt. Maurer gewitzt: „Wir schweben dann zusammen.“ Ina kam zurück zum Irdischen. Mit erwartungsvoll aufgerissenen Augen und diebischem Grinsen fragte sie für ihre Verhältnisse doch eher zaghaft: „Gab’s da oben schon mal Liebesbeziehungen? Vielleicht mit einer russischen Kosmonautin?“ Maurer schien keiner Antwort verlegen: „Nicht offiziell“, ließ er Raum für Spekulationen. Als er oben war, sei ohnehin keine russische Kosmonautin dabei gewesen.

Es ging weiter, um alles, nur nicht um Forschung. Sie plauschten über Video-Streamingdienste im All, übers Musikhören und Nachrichtenschauen. „Könnt Ihr im All auch Inas Nacht sehen?“ In der Tat, auch das sei über eine „ziemlich gute Internetverbindung“ drin. Maurer habe auf der Station Geburtstag und Weihnachten gefeiert. Was Ina nur die Mundwinkel verziehen ließ bei dem Gedanken, mit gerade mal 200 Milliliter Flüssigkeit und ohne Alkohol dabei zu sein. Für Maurer indes kein Hindernis: Durch die Schwerelosigkeit sei dreidimensionales Tanzen möglich. Das Discolicht komme vom Gewächshaus an Bord.

Als Astronaut Maurer live vor der Kamera singen sollte

Da auch gerade das Gespräch bei Gesang und Musik war: Üblicherweise müssen Gäste bei Inas Nacht vor laufender Kamera ebenfalls etwas zum Besten geben. Ganz egal, ob musikalisch oder nicht. Doch da Matthias Maurer vor der Sendung darum bat, dies nicht zu müssen, trat an seine Stelle eine Band. Was er kommentierte: „Eine weise Entscheidung.“ Es blieb jedoch künstlerisch, allerdings im Bereich Film. Ob der amerikanische Schauspieler Tom Cruise (62) der nächste Weltraum-Tourist sei, der mit dem Astronauten von der Saar zur ISS fliegt. Gewiss keine Schnapsidee, wie Maurer zu berichten wusste. Denn der Star aus den USA habe bereits schon einmal für eine Kinoproduktion mitfliegen sollen. Daraus sei damals nichts geworden. Stattdessen sollen Russen eine Schauspielerin mitgenommen haben. Die Idee, Cruise ebenfalls noch mit ins All zu nehmen, sei indes noch nicht vom Tisch.

Bis zum Ende der Sendung fachsimpelten Ina Müller und Cordula Stratmann mit Matthias Maurer über Sternschnuppen, die eigentlich Müll von der ISS sind, und übers Staubwischen in der Raumstation. Sowie über einen Flug zum Mars in ferner Zukunft. Maurer sprach davon, dass dies wohl erst die nächste Generation erleben werde. Menschen seien dann mindestens anderthalb Jahre unterwegs. Bis dahin müsse noch viel geforscht werden, damit Astronauten diese weite Reise gesund überstehen. „Es ist noch weit weg.“ Mindestens bis 2040, schätzte er.

Wie Tim Mälzer dem Mann in der ISS das Leben versüßte

Die obligatorischen auf Bierdeckeln eingereichten Fragen des Publikums musste der Oberthaler ebenso über sich ergehen lassen. Ob er schon mal Angst gehabt habe auf der ISS, wollte ein Zuschauer wissen. In der Tat: als Trümmer der Station gefährlich nahekamen. Glaubt er an Sternzeichen? Nein, seine schnelle Antwort. Was er über der Erde vermisst habe? Knackiges Essen. Obwohl ihm der Fernsehstarkoch Tim Mälzer extra ein Gericht als Raumfahrernahrung gezaubert habe. „Das hat aber leider nicht gereicht“, nachdem er dies mit der Besatzung geteilt habe.

Dann zum guten Schluss trällerte Matthias Maurer doch noch mit: als die Hauskapelle mit dem Shanty-Chor sowie den Gästen „Völlig losgelöst von der Erde“ von Peter Schilling anstimmte. Allerdings zu hören war seine Stimme dabei nicht.

Die Aufzeichnung von Inas Nacht mit Matthias Maurer ist in der ARD-Mediathek abzurufen.