Durchsuchungen bei einem Beschuldigten Neue Spur im Fall Peggy

Lichtenberg · Es ist einer der rätselhaftesten Vermisstenfälle in Deutschland. Nun steht ein 41-Jähriger im Fokus der Ermittler.

 Wochenlang suchten Polizisten der bayerischen Bereitschaftspolizei im Jahr 2001 nach der damals vermissten neunjährigen Peggy Knobloch aus Lichtenberg. 15 Jahre später wurde ihr Skelett in Thüringen gefunden.

Wochenlang suchten Polizisten der bayerischen Bereitschaftspolizei im Jahr 2001 nach der damals vermissten neunjährigen Peggy Knobloch aus Lichtenberg. 15 Jahre später wurde ihr Skelett in Thüringen gefunden.

Foto: dpa/dpaweb/Marcus Führer

Es war ein gewöhnlicher Tag im Mai 2001, als die damals neunjährige Peggy Knobloch auf dem Heimweg von der Schule verschwand. Von ihr fehlte jede Spur. Noch am Abend meldete ihre Mutter sie als vermisst. Mit Hubschrauber, Tauchern und mehr als hundert Beamten suchte die Polizei damals wochenlang nach dem vermissten Mädchen aus dem oberfränkischen Lichtenberg. Erst im Juli 2016 – gut 15 Jahre später – fand ein Pilzsammler zufällig Teile ihres Skeletts in einem Waldstück bei Rodacherbrunn in Thüringen – knapp 20 Kilometer von Peggys Heimatort entfernt. Die Polizei ermittelte bis heute weiter.

Gestern gab es erste Neuigkeiten in dem rätselhaften Vermisstenfall. Die Polizei hat mehrere Anwesen eines 41 Jahre alten Beschuldigten durchsucht. Der Mann sei bereits früher zum „relevanten Personenkreis“ im Zusammenhang mit dem Verschwinden von Peggy gezählt worden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft mit.

Nun sei er wieder in den Fokus der Ermittler gerückt, weil inzwischen Untersuchungsergebnisse zu Spuren vom Fundort von Peggys Knochen vorliegen und frühere Erkenntnisse neu bewertet wurden. Der 41-Jährige sei vernommen und danach wieder entlassen worden. „Zum Inhalt der Aussage können wegen der andauernden Ermittlungen keine Angaben gemacht werden“, hieß es. Die Durchsuchungen im oberfränkischen Lichtenberg und im rund 50 Kilometer entfernten Marktleuthen fanden bereits am vergangenen Mittwoch statt.

Gegen den beschuldigten 41-Jährigen hätten sich Verdachtsmomente ergeben, nachdem die Polizei die wissenschaftlichen Untersuchungen zu den am Knochen-Fundort gefundenen Spuren bewertet und mit Erkenntnissen aus den Ermittlungsakten abgeglichen habe. Weitere Ermittlungsschritte hätten diese Verdachtsmomente untermauert.

Nach Informationen der „Neuen Presse Coburg“ war der 41-jährige Mann im Laufe der Ermittlungen bereits mehrmals vernommen worden. Auch sein Haus soll bereits früher von der Polizei untersucht worden sein. Ein Sprecher der Ermittler wollte sich dazu nicht äußern und berief sich auf den Persönlichkeitsschutz des Mannes.

Die Ermittler haben den Fall bis heute nicht lösen können. Sie hatten im Laufe der Jahre aber schon mehrere Verdächtige im Visier. Der deutschlandweit bekannteste Fall ist der eines geistig Behinderten, den ein Gericht im Jahr 2004 als Mörder von Peggy verurteilte. Zehn Jahre später wurde er aber in einem Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen. Am Fundort von Peggys Skelett hatten die Ermittler auch DNA des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt entdeckt. Später stellte sich jedoch heraus, dass eine Verunreinigung eines Geräts der Spurensicherung der Grund dafür war. Eine Täterschaft des NSU-Mitglieds ist nach Angaben der Ermittler auszuschließen. Allerdings war Peggys Tod deshalb auch Thema im NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht. Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe bestritt dort, etwas über die getötete Peggy gewusst zu haben.

 Das damalige von der Polizei herausgegebene Bild zeigt die neunjährige Peggy Knobloch aus Lichtenberg.

Das damalige von der Polizei herausgegebene Bild zeigt die neunjährige Peggy Knobloch aus Lichtenberg.

Foto: dpa/dpaweb/Marcus Führer

Im vergangenen Jahr hatte sich eine Gruppe von Bürgern aus Lichtenberg mit einem „Hilferuf“ an die Öffentlichkeit gewandt. Darin warfen die elf Unterzeichner den Ermittlungsbehörden gravierende Fehler und Schlamperei vor. Sie sprachen von einem „Polizei- und Justizskandal“ und einseitigen Ermittlungen. Viele Hinweise aus der Bevölkerung seien ignoriert worden und Zeugenaussagen aus den Akten verschwunden. Unter den Unterzeichnern sind Lichtenbergs Bürgermeister Holger Knüppel und mehrere Stadträte. Der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel wies die Vorwürfe aber zurück.

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