Im All erklingen Bach und Mozart"Erst nach der Rückkehr zur Erde bekam ich richtig Angst"

Teneriffa. Der Russe Gagarin hatte 1961 als erster Mensch die Erde in einem Raumschiff umrundet und damit die Sowjetunion nach der erfolgreichen Sputnik-Mission gegenüber den USA in Führung gebracht. Es war damals ein Schock für die USA, denen aber am 20. Juli 1969 die Welt-Sensation gelang, auf dem Mond zu landen

 Legenden der Raumfahrt: Neil Armstrong (links) und Alexei Leonow mit Sebastian Voltmer. Foto: privat

Legenden der Raumfahrt: Neil Armstrong (links) und Alexei Leonow mit Sebastian Voltmer. Foto: privat

Teneriffa. Der Russe Gagarin hatte 1961 als erster Mensch die Erde in einem Raumschiff umrundet und damit die Sowjetunion nach der erfolgreichen Sputnik-Mission gegenüber den USA in Führung gebracht. Es war damals ein Schock für die USA, denen aber am 20. Juli 1969 die Welt-Sensation gelang, auf dem Mond zu landen. Neil Armstrong und Buzz Aldrin waren die ersten Menschen, die auf dem Erdtrabanten spazieren gingen. Armstrongs legendärer Ausspruch "Ein kleiner Schritt für einen Mann, ein großer Sprung für die Menschheit" steht längst in allen Geschichtsbüchern.Die beiden ersten Menschen auf dem Mond - inzwischen sind sie 80 Jahre alt - waren die Star-Gäste auf einem Kongress auf Teneriffa. Armstrong setzte sich leidenschaftlich dafür ein, dass die USA an bemannten Weltall-Missionen festhalten. Er forderte dies auch deshalb, weil "die Wahrscheinlichkeit groß" sei, dass es im All intelligentes Leben gebe.

Im Rampenlicht von Teneriffa stand auch Jim Lovell, Kommandant von Apollo 13. Lovell hatte nach Gemini 7, Gemini 12 und Apollo 8 als erster Raumfahrer überhaupt einen vierten Weltraumflug absolviert. Er wurde damit gleichzeitig der erste Mensch, der zweimal zum Mond geflogen ist. Ihm und seinem Team war es in einer spektakulären Reparatur-Aktion im März 1970 nach der Explosion eines Sauerstoff-Tanks gelungen, wieder heil zur Erde zurückzukehren. Scherzhaft meinte Lovell in Teneriffa, man hätte doch lieber Tom Hanks zu dem Kongress einladen sollen. Der sei nach der berühmten Hollywood-Verfilmung in seiner Rolle als Apollo-13-Kommandant doch viel bekannter geworden als er.

Mit dabei auf der Star-Parade in Teneriffa war auch Charlie Duke, der das internationale Publikum mit seinem Charme verzauberte. Er war mit Apollo 16 im April 1972 nicht nur der bis dahin jüngste "Moonwalker", sondern hatte bereits bei Apollo 11 als Verbindungssprecher ("Capcom") zwischen dem Nasa-Kontrollzentrum in Houston und dem Raumschiff gearbeitet. Auch mehrere Nobelpreisträger, Astrophysiker, Evolutionsbiologen und Wissenschafts-Journalisten waren angereist. Ein Großteil der Kongressteilnehmer kam aus Russland. Sie wollten vor allem die Weltraum-Legende Alexei Leonow live erleben. Der 77-Jährige, immer noch durchtrainierte Kosmonaut hatte 1965 Weltraum-Geschichte geschrieben: Als erster Mensch verließ er damals sein Raumschiff und schwebte an einer Versorgungsleine zwölf Minuten lang außerhalb seiner Raumkapsel Woschod 2 durch das Weltall.

In einem Filmdokument zeigte Leonow die dramatischen Bilder von damals. Beim Versuch, wieder in seine rettende Raumkapsel zurückzukehren, war ein ernstes Problem aufgetaucht: Im Vakuum des Weltraums hatte sich sein Raumanzug so weit aufgebläht, dass Leonow nicht mehr durch die Luftschleuse passte. Über ein Ventil musste er in einem komplizierten Vorgang Druck ablassen, mit knapper Not gelang ihm die Rückkehr in die Kapsel.

Karriere gemacht hat auch ein weiterer russischer Kosmonaut, der den Teneriffa-Kongress besuchte: Juri Baturin. Als Berater für nationale Sicherheit des russischen Präsidenten Boris Jelzin wurde er 1997 ausgewählt, zur Raumstation Mir zu fliegen, die er 1998 mit der Mission Sojus TM 28 besuchte. Heute ist er Direktor der russischen Akademie für Wissenschaften in Moskau. Baturin erzählte, welche Musik er im Weltall bevorzugt hört. Es seien vor allem Kompositionen von Johann Sebastian Bach, dessen Musik er deshalb schätze, weil sie schön und klar durchkomponiert sei. Reparaturen im All habe er deshalb per Kopfhörer besonders gerne mit Musik von Bach durchgeführt. Auch ein Großteil seiner Kosmonauten-Kollegen stehe auf Bach, aber auch die Kompositionen von Mozart und Beethoven würden im Weltall kosmisches Vergnügen bereiten.

Sie waren der erste Mensch, der es gewagt hatte, aus einem Raumschiff an einer Versorgungsleine auszusteigen und im Weltraum zu schweben. Hatten Sie Angst davor?

Leonow: Ich hatte mich sehr angestrengt, war aber nach zahlreichen Tests auf der Erde überzeugt, es mit meinem Willen zu schaffen. Obwohl ich mir eigentlich nicht ganz sicher war, was mich da draußen im All erwarten würde.

So cool waren Sie schon damals?

Leonow: Nun ja, erst nach meiner Rückkehr zur Erde, als ich mit meinen Team-Kollegen alles analysiert hatte, bekam ich richtig Angst. Denn wie Sie wissen, stand dort oben nach meinem Ausstieg wegen technischer Probleme alles auf Messers Schneide. Unser Chef-Konstrukteur Sergei Koroliow war wie ein guter Vater zu uns, er zeigte trotz seiner strengen Autorität immer Mitgefühl. Er hatte ja zuvor auch schon meinen guten Freund Juri Gagarin erfolgreich ins All geschickt. Leider ist er ein paar Jahre später bei einem banalen Flugzeugabsturz ums Leben gekommen.

Wie gingen Sie denn mit der kritischen Situation um, dass Sie kaum mehr durch die Einstiegsluke zurückkamen?

Leonow: Ich glaubte immer daran, dass mich mein Raumanzug schützen würde. Aber wie sich unter zuvor noch nicht im Weltraum getesteten Bedingungen gezeigt hatte, war das Material zu weich. Deshalb deformierte es sich und blähte sich auf. Ich kam nicht mehr, wie von der Bodenstation vorgeschrieben, mit den Füßen zuerst in die Luke. Intuitiv öffnete ich ein wenig ein Ventil an meinen Handschuhen, sodass der Vakuum-Effekt etwas nachließ. Ich schaffte es mit Mühe und Not im letzten Augenblick, mit dem Kopf zuerst wieder in die Luke zu steigen.

"Ein kleiner Schritt für einen Mann, ein großer Sprung

für die Menschheit."

Neil Armstrong

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