Hochstapler, Entführer, Mörder?

Los Angeles. Der Mord liegt 28 Jahre zurück. Es gibt keine Waffe, keine Blut- oder DNA-Spuren, die den Täter überführen könnten. Doch die Staatsanwaltschaft Los Angeles ist sicher, dass der 52 Jahre alte Christian Karl Gerhartsreiter der Mörder von John Sohus ist

 Unter Mordverdacht: Christian Karl Gerhartsreiter. Foto: Buck/dpa

Unter Mordverdacht: Christian Karl Gerhartsreiter. Foto: Buck/dpa

Los Angeles. Der Mord liegt 28 Jahre zurück. Es gibt keine Waffe, keine Blut- oder DNA-Spuren, die den Täter überführen könnten. Doch die Staatsanwaltschaft Los Angeles ist sicher, dass der 52 Jahre alte Christian Karl Gerhartsreiter der Mörder von John Sohus ist. Die Leiche des 1985 verschwundenen Kaliforniers war neun Jahre später zufällig bei Bauarbeiten für einen Swimmingpool gefunden worden.

Jetzt muss der gebürtige Bayer, der jahrelang als falscher "Rockefeller" Schlagzeilen machte, vor Gericht erscheinen. Mit der Auswahl von Juroren begann gestern ein mehrwöchiger Mordprozess, der einem bizarren Hollywood-Drama in nichts nachstehen dürfte. Die Anklage will Dutzende Zeugen aufrufen, die Gerhartsreiter aus den 1980er Jahren kennen, als sich der deutsche Hochstapler Christopher Chichester nannte.

Er war 1978 als Schüler in die USA gekommen. Unter dem Namen Chichester wollte er eine Hollywood-Karriere starten. Als Christopher Crowe gab er sich als Börsenmakler aus. Über Jahrzehnte hinweg narrte er Bekannte und auch zwei Ehefrauen mit falschen Identitäten und schillernden Geschichten von Erbschaften und reichen Verwandten. All das kam 2008 nach einem dramatischen Sorgerechtsstreit ans Licht, als "Clark Rockefeller" in Boston seine damals siebenjährige Tochter entführte. Er war in zweiter Ehe mit einer wohlhabenden Unternehmensberaterin verheiratet. Bei der Scheidung verlor der Deutsche das Sorgerecht für die gemeinsame Tochter.

Das Gericht brummte Gerhartsreiter 2009 vier Jahre Haft auf. Seine Anwälte hatten auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert. Sie stellten ihren Mandanten damals als einen psychisch schwer gestörten Mann dar, "der nicht rund läuft". Der spektakuläre Prozess im US-Staat Massachusetts gegen den unscheinbar wirkenden Brillenträger mit schütterem Haar ließ die Behörden in Kalifornien aufhorchen. Dort gab es einen ungeklärten Mordfall. Gerhartsreiters Pseudonym Christopher Chichester alarmierte die Fahnder.

 Unter Mordverdacht: Christian Karl Gerhartsreiter. Foto: Buck/dpa

Unter Mordverdacht: Christian Karl Gerhartsreiter. Foto: Buck/dpa

Denn ein Mann mit diesem Namen lebte 1985 in San Marino als Untermieter im Gästehaus von Linda und John Sohus. Das junge Ehepaar verschwand spurlos, wenig später tauchte Chichester unter. 1994 wurden im Garten des Hauses menschliche Knochen gefunden. Doch erst Jahre später konnten sie dank neuer DNA-Tests identifiziert werden. Es handelte sich um die Leiche von John Sohus, von seiner Frau Linda fehlt weiterhin jede Spur. Im März 2011 wurde Gerhartsreiter wegen Mordes angeklagt, er plädierte auf "nicht schuldig". Der hollywoodreife Fall lässt einen spannenden Prozess erwarten. dpa

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