Alkoholfreier Gin Alkoholverzicht ohne Geschmacksverlust?

Berlin · „Vir-Gin“ – ein Wortspiel für alkoholfreien Gin. Eine dänische Firma ist mit einem Produkt dieser Art längst nicht die einzige. Alkoholfreie Spirituosen sind derzeit offenbar im Trend.

 Verschiedene Hersteller bieten inzwischen alkoholfreie Spirituosen an.

Verschiedene Hersteller bieten inzwischen alkoholfreie Spirituosen an.

Foto: dpa/Gregor Tholl

Alkoholverzicht scheint im Trend zu liegen. In den USA sprechen manche von „sober curious“, was „nüchtern neugierig“ oder in etwa Nüchternheitsneugier bedeutet. Es ist das Konzept, ein Leben ohne Alkohol zu propagieren, aber dabei nicht unbedingt auf Cocktails zu verzichten und stattdessen zu alkoholfreien Cocktails (sogenannten Mocktails) zu greifen.

Als Pionierin der Sober-Curious-Idee gilt die New Yorker Autorin Ruby Warrington, die 2018 ein Buch zum Thema herausgebracht hat. Ihre Nichttrinken-Philosophie richtet sich keineswegs an Alkoholiker und sieht sich auch nicht als Heilung einer Krankheit. Es geht ihr um die vielen Millionen, die sich eher in einer Trink-Grauzone wähnen, also kaum ohne Alkohol abschalten können. Menschen, die sehen, dass Alkohol mehr Macht über sie hat, als sie sich lange einzugestehen trauten. Menschen, die es denkwürdig finden, dass in der westlichen Welt jeder, der nicht trinkt, in den Augen der meisten ein trockener Alkoholiker oder schwanger oder ein komischer Kauz sein muss.

So wie es einen wachsenden Markt für Fleischimitate gibt für Menschen, die auf tierische Produkte verzichten wollen, gibt es auch ein wachsendes Angebot für Leute, die neugierig darauf sind, Ausgehen und Spaßhaben ohne Alkohol auszuprobieren, ohne sich aber unbedingt des Geschmacks der Getränke vollends zu berauben. Das sieht man zum einen bei alkoholfreiem Bier und Wein, aber eben auch immer öfter bei Spirituosen. So gibt es alkoholfreien Ersatz-Rum, -Gin oder -Wermut.

Folgt man Experten, dann begann es im Spirituosenbereich vor etwa 20 Jahren mit dem Whiskyersatz „Whissin“. Er enthält Zutaten wie schottischer Whiskey (Gerste, Roggen, Weizen), aber unvergoren. Pur ist er süßer als echter Whisky, als Mixzutat fällt das schon nicht mehr jedem auf.

Der Gin-Boom bewog die deutsche Marke Siegfried Rheinland Dry Gin, eine alkoholfreie Alternative auf den Markt zu bringen: das kalorienarme Kräuterwasser heißt „Wonderleaf“. Daneben gibt es zum Beispiel auch „GinSin Premium 12 Botanics“ aus Spanien, den „Herbie Virgin“ aus Dänemark, den „Seedlip Spice 94“ aus England und einen Gin-Sirup der französischen Marke Monin. Neu ist die Marke Undone, die nach eigenem Bekunden die Trinkkultur von der Dominanz des Alkohols befreien will und dennoch die klassischen Geschmacksrichtungen anbietet. Es gibt mehrere Sorten. Sie heißen „Juniper Type“ (Typ Wacholder), auf der dann „This is not Gin“ (Dies ist kein Gin) steht, oder „Sugar Cane Type“ (Zuckerrohr), auf der dann „This is not Rum“ verkündet wird. Außerdem gibt es „Italian Bitter Type“ (This is not Orange Bitter) und „Italian Aperitif Type“ (This is not Vermouth/kein Wermut). Je nach Sorte kostet eine 0,7-Liter-Flasche etwa 15 bis 20 Euro.

 This Oct. 21, 2019, photo shows Sara Schiller stretching cloud slime during a preview of the Sloomoo Institute in New York. An immersive, 8,000-square-foot museum dedicated to all things slime opens Friday for a nearly six-month celebration before hitting the road to other locales. (AP Photo/Mary Altaffer)

This Oct. 21, 2019, photo shows Sara Schiller stretching cloud slime during a preview of the Sloomoo Institute in New York. An immersive, 8,000-square-foot museum dedicated to all things slime opens Friday for a nearly six-month celebration before hitting the road to other locales. (AP Photo/Mary Altaffer)

Foto: AP/Mary Altaffer

Und wie findet die Spirituosen-Industrie diese Entwicklung? Sie äußert sich sehr zurückhaltend, betont aber, dass der Pro-Kopf-Konsum von Spirituosen letztes Jahr bei 5,4 Liter lag und zehn Jahre zuvor bei 5,5 Liter. „Er war im letzten Jahrzehnt damit relativ stabil“, sagt Angelika Wiesgen-Pick, Geschäftsführerin beim Bundesverband der Deutschen Spirituosen-Industrie und -Importeure (BSI) in Bonn. Gemäß der neuen EU-Spirituosen-Verordnung gibt es keine alkoholfreien Spirituosen. Die Ersatz-Getränke seien einfach alkoholfreie Getränke.

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