Herbst an der Arktis fünf Grad wärmer

Seattle/Bremerhaven. Die Temperatur in der Arktis ist alarmierend gestiegen. Im Herbst liegt sie mittlerweile um fünf Grad über dem Normalwert. Das geht aus dem jährlichen Arktis-Bericht hervor, den die US-Klimabehörde NOAA am Freitag veröffentlichte. Das Jahr 2007 sei das wärmste in der Arktis seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen

Seattle/Bremerhaven. Die Temperatur in der Arktis ist alarmierend gestiegen. Im Herbst liegt sie mittlerweile um fünf Grad über dem Normalwert. Das geht aus dem jährlichen Arktis-Bericht hervor, den die US-Klimabehörde NOAA am Freitag veröffentlichte. Das Jahr 2007 sei das wärmste in der Arktis seit Beginn der Aufzeichnungen gewesen. Der seit Mitte der 1960er Jahre messbare Anstieg der Durchschnittstemperaturen um den Nordpol herum setze sich damit fort. Die sommerliche Eisfläche werde drastisch kleiner. Aufgrund der Eisschmelze konnte die "Polarstern" als erstes Forschungsschiff den Nordpol komplett umrunden. Dramatische Folgen der Eisschmelze für das gesamte Erdklima seien nicht auszuschließen, sagte die Direktorin des Alfred-Wegener-Institutes für Polar- und Meeresforschung (AWI), Professorin Karin Lochte, in Bremerhaven nach der Rückkehr der "Polarstern". Noch sei aber unklar, ob der Rückgang des Meereises anhalten oder ob es wieder eine kältere Periode geben werde. Die kurzfristig eingetretene Eisschmelze hatte dem Forschungseisbrecher "Polarstern" auf der 23. Arktis-Expedition den Schiffsweg durch die legendäre Nordwestpassage geöffnet. Für die Fahrt durch die bislang als unpassierbar geltende nördlichste Route benötigte das Schiff vier Tage. Nach Angaben des "Polarstern"-Kapitäns Stefan Schwarze war die Strecke allerdings nicht vollständig eisfrei. Die Passage gilt als mögliche künftige Verkürzung des Seeweges zwischen Europa und Fernost. Bei der Expedition fand die Besatzung der "Polarstern" rund um den Nordpol ähnlich wenig Eis vor wie im Sommer 2007, als Wissenschaftler die bislang geringste Eisbedeckung in der Arktis beobachtet hatten. Als Folge sei nun zu befürchten, dass sich der Arktische Ozean weiter erwärme und zusätzlich Wärme an die Atmosphäre abgeben werde, sagte Lochte. Nach exakten Daten der US-Klimabehörde NOAA hat das Arktiseis im September 2007 mit 4,3 Millionen Quadratkilometern die kleinste jemals gemessene Eisfläche erreicht. Das waren 39 Prozent weniger als im Durchschnitt der Jahre 1979 bis 2000. Das Jahr 2008 stützt nach Angaben der NOAA diesen Trend des Abschmelzens ebenfalls, die Eisfläche war im September mit 4,7 Millionen Quadratkilometern nur geringfügig größer als im Jahr davor. Auch die alljährlich über den Winter bis März wachsende Eisfläche wurde in den vergangen Jahrzehnten nicht mehr so groß wie zuvor. Es haben 46 Wissenschaftler an dem Report mitgearbeitet. Die NOAA schreibt von einem Domino-Effekt. Der Verlust des Eises führe zu größerer Sonneneinstrahlung und damit Erwärmung des Ozeanwassers. Die wärmere Luft und das wärmere Wasser wiederum beeinträchtigten Tiere und Pflanzen. Zudem werde der Teil des winterliches Seeeises kleiner, der bis in den Sommer hält. "Es ist ein empfindliches System und zeigt oft relativ schnell und dramatisch Änderungen an", sagte NOAA-Ozeanforscher James Overland. Zugleich ziehen sich die Grönlandgletscher zurück. Das Eis sei um 100 Kubikkilometer geschrumpft und habe mit den größten Anteil am Meeresspiegelanstieg. Der Meeresspiegel erhöht sich in der Arktisregion um etwa 1,9 Millimeter pro Jahr. Die Zahl der Rentiere und Walrosse könnte künftig schwinden. Die Eisbären hätten immer weniger Eisflächen, von denen aus sie jagen können. Viele Gänsearten hätten ihr Verbreitungsgebiet in der Arktis ausgedehnt, da sie dort immer mehr Futter fänden. dpa