Heiße Spur der Ehec-Fahnder "Alle Kräfte auf Ehec-Erforschung konzentrieren"

Hannover. Sie sind würzig und knackig, beliebte Energie- und Eiweißlieferanten und zieren so manchen Salat: Sprossen. Die kleinen weißen Keimlinge, die es im Bioladen, auf dem Wochenmarkt oder im Supermarkt gibt, sind seit Sonntagabend ins Visier der Ehec-Ermittler gerückt

 Derzeit warnt Niedersachsens Landwirtschaftsminister vor dem Verzehr von Sprossen. Foto: dpa

Derzeit warnt Niedersachsens Landwirtschaftsminister vor dem Verzehr von Sprossen. Foto: dpa

Hannover. Sie sind würzig und knackig, beliebte Energie- und Eiweißlieferanten und zieren so manchen Salat: Sprossen. Die kleinen weißen Keimlinge, die es im Bioladen, auf dem Wochenmarkt oder im Supermarkt gibt, sind seit Sonntagabend ins Visier der Ehec-Ermittler gerückt. Doch einen eindeutigen Labornachweis gibt es noch nicht, dass es die Sprossen sind, die schuld sind an der Ehec-Epidemie."Möglicherweise wird es diesen definitiven Nachweis auch nie geben", sagte Niedersachsens Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU) gestern Abend. Er hofft nun auf Probenergebnisse heute Mittag, doch er ist sich sicher: "Das ist eine sehr deutliche Spur für die Infektionsquelle." Der Ablauf der Epidemie deute darauf hin, dass die Sprossen aus Niedersachsen eine ganz wesentliche Einschleppungsquelle gewesen sein dürften.

Ins Visier ist nun ein Bio-Betrieb in der kleinen 6500-Einwohner-Gemeinde Bienenbüttel im niedersächsischen Kreis Uelzen geraten. Mehrere Mitarbeiter bekamen dort Durchfall, eine erkrankte an Ehec.

Bisher haben die Behörden in Niedersachsen allein aufgrund der Lieferkette dieses Betriebes Alarm geschlagen: Der Hof züchtet Sprossen, die er in Mischungen und einzeln an Reformhäuser und Großhändler, aber auch an einige Einzelkunden vertreibt, die diese auf Wochenmärkten verkaufen. Insbesondere die Mischung "Milde Sprossen" steht im Zusammenhang mit Ehec in Verdacht. Geliefert wurde aus Bienenbüttel unter anderem an gastronomische Einrichtungen in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Darunter war auch ein Restaurant in Lübeck, wo 17 Menschen an Durchfall erkrankten.

Doch wie genau gelangte das Bakterium in dem Betrieb in Bienenbüttel in die Sprossen? Das ist im Detail noch unklar. Der Betrieb ist seit Sonntag gesperrt - die wirtschaftlichen Schäden für den Hof werden enorm sein. Noch vorhandene Ware sei komplett zurückgezogen worden, so die Behörden. Allerdings ist seit Start der Ehec-Epidemie auch schon viel über den Ladentisch gegangen. "Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die mit dem Ehec-Erreger kontaminierte Ware bereits vollständig verarbeitet und verkauft wurde", hieß es von den Behörden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass noch Sprossen aus dem Betrieb in Umlauf seien. dpa Herr Singhammer, nun sollen Sprossen aus Niedersachsen eine Ursache für die Ehec-Seuche sein. Wie bewerten Sie das?

Singhammer: Das ist zweifellos die bisher heißeste Spur. Vieles deutet in der Tat drauf hin, dass die Sprossen Ausgangspunkt der Epidemie sein könnten. Wir warten jetzt dringend auf eine Bestätigung durch die zuständigen Experten.

Bislang sollen wir ja keine rohen Tomaten und Gurken essen. Andererseits werden die Produkte jedoch noch überall angeboten.

Singhammer: Nach allem, was wir wissen, gibt es einen Zusammenhang zwischen der Erkrankung und dem Verzehr roher Gurken oder Tomaten. Nach dem Erhitzen kann man sie dagegen bedenkenlos essen. Ein Verkaufsverbot wäre also nicht gerechtfertigt, zumal viele Erzeuger ihre Ware auf Ehec testen lassen.

Der Bundesgesundheitsminister beklagt Engpässe in der stationären Versorgung von Ehec-Patienten. Was lässt sich dagegen tun?

Singhammer: Dagegen wird bereits vorgegangen, indem solche Patienten in andere Kliniken verlegt werden und speziell ausgebildetes Klinik-Personal etwa aus dem Süden im Norden Dienst tut, wo die Zahl der Infektionen besonders hoch ist.

An diesem Mittwoch soll es einen Krisengipfel geben. Was erwarten Sie?

Singhammer: Die Runde muss sich verständigen, alle Kapazitäten in Bund und Ländern auf die Erforschung des Bakteriums zu konzentrieren. Außerdem müssen Wege gefunden werden, um deutschen Gemüse-Erzeugern wieder einen Absatzmarkt zu eröffnen.

Ihr Vorschlag?

Singhammer: Denkbar wäre ein spezielles Prüfsiegel für einwandfreie Gurken oder Tomaten. Allerdings müsste die Wissenschaft dafür grünes Licht geben. Denn es geht ja nicht nur um die Erzeugung der Produkte. Eine Verseuchung könnte auch über den Vertriebsweg erfolgen. Auch darüber wissen wir leider noch zu wenig.

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