Heile Welt in zwei Sekunden
Wiesbaden/Mainz. "Gudn' Aamd!". Auch wenn die Mainzelmännchen selten den Mund aufmachen - der schelmisch-quäkende Gruß wurde zu ihrem Markenzeichen. Die sechs Figuren bevölkern das ZDF-Werbefernsehen nun seit fast einem halben Jahrhundert und sind bis auf eine Verjüngungskur 2003 dieselben geblieben
Wiesbaden/Mainz. "Gudn' Aamd!". Auch wenn die Mainzelmännchen selten den Mund aufmachen - der schelmisch-quäkende Gruß wurde zu ihrem Markenzeichen. Die sechs Figuren bevölkern das ZDF-Werbefernsehen nun seit fast einem halben Jahrhundert und sind bis auf eine Verjüngungskur 2003 dieselben geblieben. So haben Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen ihre jeweils genau definierten Charaktereigenschaften - und sind nach wie vor ein reiner Männerclub ohne Mainzelfrauen.
Dabei kommen die Vorgaben für die kurzen Spots zwar aus der ZDF-Sendezentrale im rheinland-pfälzischen Mainz. Zum Leben erweckt werden die Figuren allerdings im benachbarten Wiesbaden in Hessen, bei der Firma NFP animation film. Ein pikantes Detail - pflegen doch die Nachbarstädte einen beharrlichen Streit darüber, auf welcher Seite des Rheins es schöner ist.
Eine ganze Reihe Menschen sind an der Entstehung eines Spots beteiligt. Als erstes macht sich der Storyschreiber an die Arbeit. "Das ist gar nicht so leicht, denn meist sind die Filmchen nur zwei bis vier Sekunden lang", erklärt Produktionsleiterin Martina Sasse. Gefragt sind nette, einfache Geschichten, die sich schnell von selbst erklären und dabei witzig und aktuell sind. Rund 3000 Sekunden Mainzelmännchen produziert NFP im Jahr. "Wir haben den geringsten Verlust unter den deutschen Sendern beim Übergang vom Programm zur Werbung", sagt der Geschäftsführer der ZDF Werbefernsehen GmbH, Hans-Joachim Strauch. Für ihn ist das ein Verdienst der sechs Kobolde. Beim Zuschauer kämen besonders gut Themen an, die jeder kenne und die gut für ein Schmunzeln seien. Tabu sind Themen wie Gewalt, Sex, Missgunst und Geld. "Wir zeigen eine heile Welt", sagt Strauch.
Wird die Idee für einen neuen Film beim Sender abgenickt, dann beginnt die Arbeit der Animatoren, die als "Schauspieler am Zeichentisch" den Figuren Leben einhauchen. Dabei geht es um Mimik, Gesten und dynamische Bewegungen. Etwa einen Tag benötigt ein erfahrener Animator für einen Spot von vier Sekunden.
Für die einzelnen Mainzelmännchen gibt es Modelle mit genauen Vorgaben. So hängt beispielsweise bei Det das Hemd links aus der Hose, bei Berti rechts. Fritzchen ist der sportliche Typ, Det der Schlaumeier, Anton der Genießer. Eine Rundum-Verjüngung einschließlich neuer Klamotten bekamen die Mainzelmännchen 2003. Seitdem sind die Geschichten zeitgemäßer und die Accessoires moderner geworden. Die anfängliche Aufregung deswegen bei vielen Zuschauern hat sich längst gelegt.
Eigentlich waren die Mainzelmännchen, die Wolf Gerlach 1963 erfand, nur als Unterhaltung bei einer Sendestörung gedacht, gefielen dann aber ZDF-Gründungs-Intendant Karl Holzamer so gut, dass er sie ins Werbefernsehen holte. Ihren Namen verdanken sie der Legende nach den fleißigen ZDF-Mitarbeitern, die 1963 in Berlin das Hauptstadtstudio einrichteten. Da diese - wie die Heinzelmännchen - rund um die Uhr arbeiteten, nannten sie die Berliner "Mainzelmännchen".