Halsbandsittiche unter der Lupe

Wiesbaden. Rund um Köln, Heidelberg und Wiesbaden flattern frei lebende Halsbandsittiche schon seit Jahrzehnten durch die Parks. Nun breiten sich die Papageien vor allem entlang des Rhein-Neckar-Raums aus. Dort leben nach Zählungen des Biologen Michael Braun rund 3000 Halsbandsittiche. Die Tiergruppen in Heidelberg, Ludwigshafen und Mannheim hätten inzwischen ihr Maximum erreicht

 Eigentlich in Afrika und Asien zuhause: Halsbandsittiche. Foto:dpa

Eigentlich in Afrika und Asien zuhause: Halsbandsittiche. Foto:dpa

Wiesbaden. Rund um Köln, Heidelberg und Wiesbaden flattern frei lebende Halsbandsittiche schon seit Jahrzehnten durch die Parks. Nun breiten sich die Papageien vor allem entlang des Rhein-Neckar-Raums aus. Dort leben nach Zählungen des Biologen Michael Braun rund 3000 Halsbandsittiche. Die Tiergruppen in Heidelberg, Ludwigshafen und Mannheim hätten inzwischen ihr Maximum erreicht. Erst in jüngerer Zeit seien die Papageien dagegen in Zweibrücken und Frankfurt beobachtet worden.Viele Spaziergänger freuen sich über die Schreihälse, Ornithologen erforschen begeistert ihre Lebensgewohnheiten. Kritiker warnen jedoch, dass die Sittiche womöglich natürlich vorkommenden Vögeln wie Spechten und Kleibern die Bruthöhlen streitig machen und Fledermäuse vertreiben. Sind die freigesetzten Papageien eine Bedrohung für natürlich vorkommende Tiere?

Mehr als 290 Vogelarten gehören zur einheimischen Fauna und brüten in Deutschland. Immer häufiger beobachten Ornithologen freigesetzte Vögel aus fremden Ländern - inzwischen rund 340 Arten. Welche Probleme sich daraus ergeben könnten, dem geht das Bundesamt für Naturschutz nun gezielt nach. Die Diskussion um gebietsfremde Arten müsse insgesamt versachlicht werden, fordern die Experten in Bonn. Oft rückten emotionale oder wirtschaftliche Beweggründe in den Vordergrund. Kritik an den Neuankömmlingen werde als "politisch inkorrekte Haltung in einer multikulturellen Gesellschaft" gewertet. Unter Fachleuten gehen die Meinungen auseinander: Manche begrüßen neue Arten als Zugewinn an biologischer Vielfalt, andere plädieren für eine konsequente Beseitigung der Tiere.

Die ersten wild lebenden Halsbandsittiche in Deutschland wurden Mitte der 1960er Jahre in Köln beobachtet - vermutlich waren sie entflogen oder ausgesetzt worden. Nach aktuellen Schätzungen leben inzwischen 8500 Halsbandsittiche hierzulande wild, meist in Parks mit vielen alten Bäumen. Ob sie dort andere Tiere vertreiben, lässt sich anhand der bekannten wissenschaftlichen Daten nicht sicher beurteilen, heißt es vom Bundesamt. Daher gelte der Halsbandsittich als potenziell invasiv und sollte weiter beobachtet werden. Das bedeutet, er kommt voraussichtlich auf die sogenannte "graue Liste".

Mit dem Bewertungssystem der weißen, grauen und schwarzen Listen teilt das Bundesamt freigesetzte oder eingeschleppte Tiere und Pflanzen danach ein, ob sie hiesige Arten möglicherweise gefährden. Bislang sind nur die Fische fertig: Von 25 beurteilten Arten kamen sechs auf die "schwarze Liste". Sie gelten als invasiv, eine Gefährdung einheimischer Arten gilt als belegt. Die Populationen sollen nun genau kontrolliert werden.

Für die "graue Liste" gilt: Eine Gefährdung ist wahrscheinlich, die Art muss weiter beobachtet werden. Auf der weißen Liste landen alle Arten, von denen bislang keine Gefahr ausgeht. Die Einordnung für landlebende Wirbeltiere und einen Großteil der Pflanzen soll bis Herbst fertig sein. Beim Halsbandsittich sei es denkbar, dass er sich in Auenwäldern ausbreitet und dort Höhlenbrüter bedroht, sagen die Experten des Bundesamtes. "Als mögliche Maßnahme käme hier vor allem Vergrämen in Betracht. Ei-Entnahme, Vergiftung oder Abschuss wären wahrscheinlich nicht praktikabel."

Neben dem Biologen Braun, der die Sittiche nicht auf die graue Liste setzen würde, ist sich auch der Wiesbadener Papageien-Experte Detlev Franz sicher: "Ich denke, beim Halsbandsittich wird keine Gefährdung rauskommen." Parkanlagen seien ohnehin kein natürlicher Lebensraum. Eine Konkurrenz um Höhlen etwa mit Hohltauben, Dohlen und Fledermäusen kann Franz nach seiner Untersuchung nicht erkennen. Die Ansprüche seien viel zu unterschiedlich.

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