Haiti bald ein "Land der Amputierten"? Bundesregierung stockt Haiti-Hilfe auf 15 Millionen Euro auf

Frankfurt. Heather Mills, beinamputierte Ex-Frau von Paul McCartney, will den Erdbebenopfern von Haiti tausende Prothesen schicken. Diese Meldung klingt zunächst kurios. Tatsächlich aber schlagen Hilfsorganisationen Alarm: Noch völlig unklar sei, wie zehntausende Menschen, denen Arme oder Beine unter Trümmern zerquetscht wurden und amputiert werden mussten, künftig versorgt werden

Frankfurt. Heather Mills, beinamputierte Ex-Frau von Paul McCartney, will den Erdbebenopfern von Haiti tausende Prothesen schicken. Diese Meldung klingt zunächst kurios. Tatsächlich aber schlagen Hilfsorganisationen Alarm: Noch völlig unklar sei, wie zehntausende Menschen, denen Arme oder Beine unter Trümmern zerquetscht wurden und amputiert werden mussten, künftig versorgt werden. Dringend müssten lokale Orthopädie-Techniker ausgebildet werden. "Sonst wird Haiti langfristig zum Land der Amputierten", warnt etwa Marcel Baeriswyl, Orthopädie-Fachmann der Johanniter-Unfall-Hilfe.Gemeinsam mit anderen Organisationen nehmen die Johanniter in Haiti nach eigenen Angaben etwa 100 Amputationen am Tag vor. "Zum Teil geht es da zu wie früher: Auf Piratenschiffen hat man den Verletzten ein Stück Holz zwischen die Zähne gesteckt und einfach abgeschnitten", beschreibt Baeriswyl die Situation. Bei zerquetschten Gliedmaßen müsse sofort gehandelt werden. "Da verfault ihnen die Hand am lebenden Körper", erklärt der Schweizer.Zunächst würden Hilfsmittel wie Krücken oder Rollstühle dringend benötigt. Und dann auf lange Sicht: individuell angepasste Prothesen oder Orthesen wie Korsetts. Dafür schicken die Johanniter, bereits mit 15 Helfern im Katastrophengebiet vertreten, bald eine mobile orthopädische Containerwerkstatt auf den Weg.Wichtig sei es aber, die Versorgung der Amputierten langfristig zu sichern. "Kinder zum Beispiel, die wachsen noch. Da braucht man immer wieder neue, individuell per Hand maßgenommene Prothesen", sagt Baeriswyl. In dem Karibikstaat müsse insgesamt ein Gesundheitssystem für Behinderte aufgebaut werden, wie es bisher überhaupt nicht vorhanden war. So etwas könnte in Haiti - selbst wenn mit internationalen Kräften an einem Strang gezogen werde - etwa zehn Jahre dauern, schätzt er.Die seit Jahren in Haiti engagierte Christoffel Blindenmission Deutschland (CBM) mit Sitz im hessischen Bensheim schätzt, dass es nach dem Beben in etwa so viele Schwerverletzte mit bleibenden körperlichen Schäden gibt wie Todesopfer. Auch die CBM betont, wie dringend Rollstühle, Krücken, Gips, Antibiotika, Bandagen und OP-Material benötigt werden. CBM-Direktor Rainer Brockhaus mahnt aber außerdem an, die bereits vor der Katastrophe Behinderten bei den Nothilfen nicht zu vergessen. "Ein Blinder weiß zum Beispiel nicht, wo er hingehen muss, wenn es essen gibt. Und ein Gehörloser bekommt es nicht mit, wenn etwas ausgerufen wird", erklärt Brockhaus.Für Blinde, Gehörlose und geistig Behinderte seien die chaotischen Zustände besonders verheerend. "Die sind noch viel stärker auf ein gewohntes Umfeld angewiesen. Gerade für geistig behinderte Kinder, die absolut ihren geregelten Alltag brauchen, ist jetzt die Welt in sich zusammengefallen", sagt Brockhaus. Die CBM selbst zählt mit ihrer internationalen Dachorganisation in Haiti 57 Mitarbeiter - etwa zwei Drittel davon seien Haitianer. "Mindestens vier unserer Mitarbeiter sind auch ums Leben gekommen", berichtet Brockhaus.Port-au-Prince. Obwohl Haitis Regierung seit Freitag nicht mehr nach Überlebenden suchen will, ereignen sich im Erdbebengebiet noch Wunder: Ein französisches Team rettete am Samstag, elf Tage nach der Katastrophe, einen 24-Jährigen aus den Trümmern eines Hotels. Die Zahl der offiziell registrierten Toten erhöhte sich inzwischen auf mehr als 112 000, wie Haitis Zivilschutz mitteilte. Bisher konnten die Rettungskräfte 133 Überlebende aus zerstörten Gebäuden ziehen.Unterdessen hat die Bundesregierung die Hilfe für Haiti weiter aufgestockt. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) stellt weitere fünf Millionen Euro bereit, teilte das Ministerium gestern mit. Insgesamt erhöht die Bundesregierung damit die bilaterale Hilfe für Haiti auf 15 Millionen Euro.Bei einem Spendenmarathon in den USA sind bislang mehr als 58 Millionen Dollar (41 Millionen Euro) für Haiti zusammengekommen. dpa/afp

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