Gottesdienst am Badestrand

Cuxhaven. Die Kirche muss nicht immer im Dorf bleiben: Im Sommer, wenn es die Touristen an die Küste zieht, schlagen auch Ehrenamtliche der beiden großen Kirchen ihre Zelte am Strand auf

 Die Strandgottesdienste im Zelt sind meist recht gut besucht. Foto: dpa

Die Strandgottesdienste im Zelt sind meist recht gut besucht. Foto: dpa

Cuxhaven. Die Kirche muss nicht immer im Dorf bleiben: Im Sommer, wenn es die Touristen an die Küste zieht, schlagen auch Ehrenamtliche der beiden großen Kirchen ihre Zelte am Strand auf. Die Urlauberseelsorge feiert ihr 50-jähriges Bestehen in Niedersachsen in diesem Sommer mit ihren Familiengottesdiensten, Kinderaktivitäten und Angeboten für Erwachsene, darunter das "Pilgern im Watt mit Bibel und Rucksack". Mancher, der mit Kirche eigentlich nicht viel am Hut hat, findet während entspannter Urlaubstage einen neuen Zugang zum Glauben. Andere freuen sich schlicht über das Programm für Kinder.

Wachsende Mobilität

Die wachsende Mobilität und Reiselust der Deutschen Ende der 50er Jahre waren Geburtshelfer der Urlauberseelsorge. "Im Ruhrgebiet sind die ersten Kirchenmitarbeiter rausgefahren zu den Campingplätzen, da die Leute am Wochenende nicht mehr zu Hause waren", erzählt der Tourismus-Experte der hannoverschen Landeskirche, Pastor Hartmut Schneider. "In Niedersachsen sind wir ab 1961 mit einem Bus in den Harz und an die Küste gefahren, wir wollten da sein, wo die Menschen sind."

Waren es früher vor allem junge Leute und Studenten, so sind inzwischen auch Familien und Rentner bei der "Kirche unterwegs" engagiert. 100 bis 120 Ehrenamtliche sind für die evangelische Kirche jede Saison in Niedersachsen dabei, sie bekommen Unterkunft, Essen und die Anreise bezahlt. "Es kommt viel Anerkennung zurück", weiß Schneider. In der freien Zeit kämen die Leute auf andere Gedanken, sie hätten Lust auf Abwechselung. "Wir versuchen Gedanken zu stiften, einzuladen und lebensperspektivische Fragen zu stellen."

"Das Besondere ist, dass man die Menschen in einer ganz anderen Situation antrifft, als im Alltag", erzählt Heidrun Gunkel. Die Theologiestudentin ist zum fünften Mal als Ehrenamtliche dabei, in diesem Sommer im Kirchenzelt am Strand in Cuxhaven-Sahlenburg. Etliche, die sonst keine regelmäßigen Kirchgänger seien, ließen sich auf das Angebot am Strand ein. Außer einem Familiengottesdienst am Sonntag gibt es Kinderstunden, Gute-Nacht-Geschichten und meditative Spaziergänge für die Großen.

Mehr denn je müssen die Kirchen inzwischen um die Aufmerksamkeit der Urlauber buhlen. "Die Anspruchshaltung ist anders geworden", sagt Andrea Rehn-Laryea von der katholischen Urlauberseelsorge in der Lüneburger Heide. Früher war die Kirche der einzige Anbieter auf dem Campingplatz, inzwischen gebe es auf den großen Plätzen professionelle Animation und Ferienprogramme der Kommunen.

 Finja (8,l.) und Laura (9) singen beim Gottesdienst von "Kirche Unterwegs". Foto: dpa

Finja (8,l.) und Laura (9) singen beim Gottesdienst von "Kirche Unterwegs". Foto: dpa

Und was ist die Rendite der Urlauberseelsorge für die unter Mitgliederschwund leidenden Kirchen? Eine Untersuchung der Fachhochschule Hannover zumindest hat ergeben, dass Religion bei Touristen, die im Urlaub eine Kirche besuchen, eher ein Randthema ist. Eher seien Kultur, Architektur oder Geschichte treibende Faktoren, in eine Kirche zu gehen.

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