Giftwolken über Mirácoli-Fabrik

Fallingbostel. Ein Chemie-Unfall beim Lebensmittelkonzern Kraft in Niedersachsen hat einen Großeinsatz von Feuerwehr und Bundeswehr ausgelöst. Erst 20 Stunden nach dem Unfall in Bad Fallingbostel wurde gestern Nachmittag der Katastrophenalarm aufgehoben. Mitarbeiter hatten bereits am Montag bei Reinigungsarbeiten versehentlich tausende Liter Salpetersäure in den Behälter geschüttet

Fallingbostel. Ein Chemie-Unfall beim Lebensmittelkonzern Kraft in Niedersachsen hat einen Großeinsatz von Feuerwehr und Bundeswehr ausgelöst. Erst 20 Stunden nach dem Unfall in Bad Fallingbostel wurde gestern Nachmittag der Katastrophenalarm aufgehoben. Mitarbeiter hatten bereits am Montag bei Reinigungsarbeiten versehentlich tausende Liter Salpetersäure in den Behälter geschüttet.Dabei war eine Wolke aus sogenannten Nitrose-Gasen aufgestiegen. Diese sind gefährlich für Atemwege und Haut. Gestern war es schließlich zu einer weiteren Reaktion in dem Gemisch gekommen - der Austritt einer zweiten Giftwolke hatte gedroht. "Beim Einatmen dieser Nitrose-Gase kann es im geringsten Fall zu einer Reizung der Atemwege kommen mit Husten, im schlimmsten Fall kommt es zu einem sogenannten toxischen Lungenödem", erklärte ein Notarzt. Verletzt wurde bislang aber niemand.

1800 Anwohner wohnen in dem Gebiet rund um das Werk - von der Evakuierung betroffen waren rund 1200. Die Umgebung war in einem Radius von 500 Metern geräumt worden. Die nahe gelegene A 7 war zeitweise komplett gesperrt. Dabei kam es nach Polizeiangaben teils zu erheblichen Staus.

Kraft stellt in dem Werk in Fallingbostel unter anderem Mirácoli her. Die Produktion stand seit Montag still. Der finanzielle Schaden blieb zunächst unklar. Der Betrieb solle so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden, sagte Werksdirektor Carsten Boldt. Nähere Erkenntnisse über die Ursache des Unglücks gebe es nicht. Seit Montag hatten Spezialkräfte stundenlang versucht, die versehentlich hinzugeschüttete Salpetersäure abzupumpen. Bei dem Einsatz waren insgesamt bis zu 1000 Kräfte im Einsatz, darunter auch ABC-Soldaten der Bundeswehr.

Die Reinigung von Tanks sowohl mit Lauge als auch mit Säure sei ein gängiges Verfahren in der Lebensmittelindustrie, sagte Renate Hoer von der Gesellschaft Deutscher Chemiker in Frankfurt am Main. Lauge und Säure dürften sich aber nicht vermischen, weil dabei gefährliche Stickstoffoxide entstünden. Eine kurzzeitige Evakuierung sei deshalb die richtige Maßnahme gewesen, "aber wenn die Wolke sich verdünnt hat, ist dann bald wieder Sicherheit gegeben". dpa

Hintergrund

Die Marke "Kraft" steht im Supermarkt vor allem für Ketchup und Mayonnaise. Doch der US-Konzern steckt hinter einer Vielzahl bekannter Produkte: von Milka- und Toblerone-Schokolade über Jacobs-Kaffee und Philadelphia-Frischkäse bis hin zu Oreo- oder Lu-Keksen.

In Deutschland wird der Firmenname allerdings bald aus den Regalen verschwinden: Der Konzern hat sich zu Monatsbeginn aufgespalten und firmiert außerhalb Nordamerikas unter dem Kunstnamen Mondelez International. dpa

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