Brandenburg Wildschweinjagd mit Pfeil und Bogen

Stahnsdorf · In Brandenburg wühlen die Tiere Gärten um. Eine Gemeinde will jetzt mit unkonventionellen Methoden gegen sie vorgehen.

 Ein Wildschwein sucht in einem Mülleimer nach Futter. In Stahnsdorf vor den Toren Berlins verwüsten die Tiere immer wieder Flächen. Sämtliche Maßnahmen dagegen blieben bislang ohne Erfolg.

Ein Wildschwein sucht in einem Mülleimer nach Futter. In Stahnsdorf vor den Toren Berlins verwüsten die Tiere immer wieder Flächen. Sämtliche Maßnahmen dagegen blieben bislang ohne Erfolg.

Foto: dpa/Gregor Fischer

Schon die Indianer jagten einst mit Pfeil und Bogen, auch Robin Hood kannte sich damit aus. Und jetzt Brandenburg? In der Gemeinde Stahnsdorf am Rande Berlins will man mit der Jagdmethode der Wildschweine Herr werden, die dort ihr Unwesen treiben. „Bundesweit wären wir die ersten“, sagt der parteilose Bürgermeister Bernd Albers.

Die Friseurin Hannelore Heinrich hatte in dem Ort vor kurzem eine Begegnung, an die sie immer noch mit Grausen denkt. Ein offensichtlich verletztes Tier drückte die Tür zum Laden auf und warf Stühle und Mobiliar um. Überall sei Blut gewesen. „Ich habe laut geschrien“, erzählt die Frau. Damit habe sie das Schwein wieder nach draußen getrieben.

60 bis 70 Wildschweine werden jährlich in Stahnsdorf gesichtet, manchmal schon tagsüber. Jäger lehnen die Jagd mit dem Gewehr in dem dichtbewohnten Ort als zu gefährlich ab: Querschläger könnten Unbeteiligte gefährden. Sicherer erscheinen einigen Waidmännern Pfeil und Bogen – sie verbreiteten deshalb den Vorschlag, damit auf Jagd zu gehen.

Seit 1976 verbietet das in Deutschland jedoch das Bundesjagdgesetz. Der Deutsche Jagdverband lehnt die Methode nach wie vor ab. „Insbesondere das Abprallverhalten ist völlig ungeklärt, gerade in Siedlungen mit Bordsteinen, Asphalt oder Zäunen“, heißt es vom Verband. Für eine Ausnahmegenehmigung wäre das Brandenburger Landwirtschaftsministerium als oberste Jagdbehörde zuständig. Prüfungen liefen, heißt es dort. Sprecher Jens-Uwe Schade sagt, es müsse sichergestellt werden, dass das Wild tierschutzgerecht getötet werde.

Die Bogenjagd wird nach Angaben des Deutschen Bogenjagdverbands in 17 europäischen Ländern als zusätzliche waidgerechte Jagdart akzeptiert. Ein ausgebildeter, geübter Jäger könne auf die maximale Dis­tanz von 25 Metern die Größe eines Handtellers treffen, sagt Jan Riedel, 1. Vorsitzender des Verbands, der in Biederbach in Baden-Württemberg sitzt. In Madrid würden Wildschweine im städtischen Raum mit Pfeil und Bogen erlegt. In einem zweimonatigen Pilotprojekt seien auf diese Weise hunderte Tiere getötet worden.

„Wir halten das Risiko innerorts für vertretbar“, sagt Bürgermeister Albers. Eine alternative Möglichkeit sehe er derzeit nicht: Duftzäune zum Vergrämen hätten nicht den erhofften Erfolg gebracht. Pillen, die Nachwuchs verhindern, seien nicht praktikabel einsetzbar.

Auch auf dem 206 Hektar großen Zentralkirchhof Stahnsdorf verwüsteten Wildschweine immer wieder Flächen. Inzwischen gibt es einen 4000 Meter langen und 1,65 Meter hohen Maschendrahtzaun. „Wir sind jetzt frei“, sagt Friedhofsleiter Olaf Ihlefeldt. Die Wildschweine suchten sich allerdings weiter gern Lücken. Besucher werden darum mit Hinweisschildern gebeten, die Tore zum Friedhof geschlossen zu halten. „Das hilft auch“, sagt Ihlefeldt.

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