Geisterschiffe, Trümmer und Müll

San Francisco/Seattle. Ein Geisterschiff war der bisher größte Vorbote der gefürchteten Müll- und Trümmerinvasion an der nordamerikanischen Westküste. Der Fischtrawler "Ryou-Un Maru" hatte sich im März vor einem Jahr nach dem Erdbeben und Tsunami in Japan losgerissen. Herrenlos trieb der Kahn mit der Strömung fast 8000 Kilometer über den Pazifik

 Ein japanischer Fischtrawler trieb nach dem Tsunami herrenlos über den Pazifik. Foto: dpa

Ein japanischer Fischtrawler trieb nach dem Tsunami herrenlos über den Pazifik. Foto: dpa

San Francisco/Seattle. Ein Geisterschiff war der bisher größte Vorbote der gefürchteten Müll- und Trümmerinvasion an der nordamerikanischen Westküste. Der Fischtrawler "Ryou-Un Maru" hatte sich im März vor einem Jahr nach dem Erdbeben und Tsunami in Japan losgerissen. Herrenlos trieb der Kahn mit der Strömung fast 8000 Kilometer über den Pazifik. Anfang April endete die Reise im Kanonenhagel der US-Küstenwache - das Boot war Alaska und dem Schiffsverkehr so nah gekommen, dass es die Behörden versenkten. Nun befürchten die Anwohner der Westküste Nordamerikas weitere Gefahren durch den Tsunami: Treibgut-Trümmer werden immer öfter gesichtet."Das ist gerade mal der Anfang", meint der Ozeanograph Curtis Ebbesmeyer. Nach seinen Beobachtungen werden kleine Trümmerteile schon seit vergangenem Herbst in Kanada und den US-Staaten Alaska, Washington, Oregon und Kalifornien angespült. "Wir sind im Countdown für Oktober, wenn vermutlich die größte Masse ankommt. Wir sollten uns auf eine riesige Reinigungsaktion gefasst machen", prophezeit der pensionierte Meereskundler.

Knapp 400 Teile, vorwiegend Plastikcontainer und große Styropor-Bojen, wie sie in der japanischen Austernzucht benutzt werden, hätten Strandgänger zwischen Kalifornien und Alaska seit Oktober gefunden - vermutlich alles Tsunami-Müll, so der Forscher. Die Bundesbehörde NOAA für Wetter und Ozeanographie will sich ohne handfeste Beweise nicht auf die Herkunft des Treibguts festlegen. Nur bei dem Geisterschiff und zwei kleineren angetriebenen Booten war der Zusammenhang mit der Tsunami-Katastrophe klar zu belegen.

Was als dichter Trümmer-Teppich in japanischen Gewässern begann, ist nach dem langen Weg durch Winterstürme auf eine große Fläche verteilt worden. "Es gibt keine genauen Zahlen, wie viel Material heute noch im Wasser treibt", meint Diana Parker von der NOAA-Abteilung für Meeresabfälle in Washington. "Nach Schätzungen der japanischen Regierung gingen fünf Millionen Tonnen Trümmer ins Meer, 70 Prozent sind schnell gesunken, damit könnten immer noch 1,5 Millionen Tonnen umhertreiben", rechnet Parker vor. Auf neue Erkenntnisse hofften Umweltschützer beim Earth-Day. Zu der traditionellen Strandreinigung wurden gestern Tausende freiwillige Helfer erwartet.

 Ein japanischer Fischtrawler trieb nach dem Tsunami herrenlos über den Pazifik. Foto: dpa

Ein japanischer Fischtrawler trieb nach dem Tsunami herrenlos über den Pazifik. Foto: dpa

Meereskundler Ebbesmeyer kritisierte das Versenken des japanischen Fischtrawlers vor der Küste von Alaska. Das Schiff hätte in einen Hafen geschleppt und entsorgt werden sollen, meint er. Die Küstenwache hatte das Risiko einer Umweltverschmutzung durch das Geisterschiff jedoch als gering eingeschätzt. Das ins Wasser gelaufene Öl würde keinerlei Gefahr für die maritime Lebenswelt darstellen, hieß es damals. dpa

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