Gefesselt und monatelang angeleint

Hamburg/Wien. Im Fall des Inzest-Täters Josef Fritzl kommen immer mehr grausige Details ans Licht

 Archivfoto von Elisabeth Fritzl von 1994. Foto: Actionpress

Archivfoto von Elisabeth Fritzl von 1994. Foto: Actionpress

Hamburg/Wien. Im Fall des Inzest-Täters Josef Fritzl kommen immer mehr grausige Details ans Licht. Wie der Chef der niederösterreichischen Kriminalpolizei, Franz Polzer, gestern bestätigte, hat der heute 73-Jährige seine Tochter Elisabeth im August 1984 in den Keller seines Hauses gelockt und sie mit Handschellen an einen Pfosten des von ihm gebauten Verlieses gefesselt. Später hielt er die damals 18-Jährige monatelang an einer Leine, damit sie wenigstens auf die Toilette gehen konnte.

Wie "Spiegel-Online" und österreichische Medien am Wochenende berichteten, blieb Elisabeth Fritzl bis 1993, also fast zehn Jahre lang, im einzigen Kellerraum des Verlieses eingesperrt, bis ihr Vater den Kerker erweiterte. In der Zeit seien die nach den Vergewaltigungen durch den eigenen Vater geborenen zwei Kinder immer wieder Zeugen von dessen Gewalttaten geworden. Elisabeth, die jetzt mit ihren Kindern und ihrer Mutter (68) in einer Klinik psychologisch betreut wird, sagte bei ihrer einzigen Vernehmung aus, ihre Mutter habe von den Verbrechen nichts gewusst.

Kripochef Polzer bedauerte das Bekanntwerden der Details als "Indiskretionen", die aus den Befragungsprotokollen des Opfers stammten. Er befürchte jetzt weitere "Enthüllungen" von Einzelheiten aus dem Leben der Opfer. Legal hätten nur das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft sowie der Anwalt des Beschuldigten Einsicht in die Protokolle gehabt.

Unterdessen hat sich der Gesundheitszustand der 19-jährigen Tochter von Elisabeth Fritzl "stabilisiert". Kerstin Fritzl werde aber nach wie vor künstlich beatmet, sagte ein Sprecher des Landeskrankenhauses Amstetten gestern.

Fritzl-Anwalt Mayer vertrat inzwischen die Ansicht, sein in Untersuchungshaft sitzender Mandant gehöre in psychiatrische Behandlung und nicht in ein Gefängnis. Der 73-Jährige, der vor 40 Jahren wegen Vergewaltigung verurteilt wurde, sei "psychisch krank und damit unzurechnungsfähig", sagte Mayer der "Bild am Sonntag".

Angesichts des furchtbaren Verbrechens startete die Stadt Amstetten eine Initiative. Nach Angaben von Bürgermeister Herbert Katzengruber wurden 35 Meter lange Transparente an verschiedenen Standorten aufgestellt, auf denen die Einwohner "ihre oft sehr beklemmenden Gefühle in Form von Worten, Zeichnungen, Unterschriften und so weiter zum Ausdruck bringen" können. Am Mittwoch sollen die Spruchbänder unter dem Motto "Wir gestalten Zuversicht" auf dem Hauptplatz entrollt werden. "Die Ereignisse der vergangenen Tage haben uns alle sprachlos gemacht. Amstetten (...) wurde von einer unfassbaren Tat eines einzelnen Menschen erschüttert", erklärte der Bürgermeister. dpa/afp

Hintergrund

Die Französin Lydia Gouardo, die ein ähnliches Schicksal wie Elisabeth F. durchlitt, will die Österreicherin kennenlernen. "Ich würde sie gern treffen, (...) um ihr zu sagen, dass ich auch damit fertig geworden bin", sagte die 45-Jährige der Nachrichtenagentur afp am Wochenende. Gouardo war zwischen 1971 und 1999 von ihrem Vater, der nicht ihr biologischer Erzeuger war, vergewaltigt, teilweise eingesperrt und geschwängert worden. Sie brachte insgesamt sechs Kinder zur Welt. Ihr Martyrium endete erst mit dem Tod ihres Vaters. afp

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