Gefährliche Mücken in Deutschland?

Hamburg. Der Winter hat Deutschland im Griff und Mücken schwirren kaum durch die Luft. Doch einige Forscher warten nur darauf, die Insekten sammeln und untersuchen zu können: Wissenschaftler vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) wollen herausfinden, ob deutsche Mücken das West-Nil-Fieber übertragen

 Die Biologin Stefanie Müller gibt in einem Hochsicherheits-Insektarium Futter in einen Käfig mit Mücken. Foto: Warmuth/dpa

Die Biologin Stefanie Müller gibt in einem Hochsicherheits-Insektarium Futter in einen Käfig mit Mücken. Foto: Warmuth/dpa

Hamburg. Der Winter hat Deutschland im Griff und Mücken schwirren kaum durch die Luft. Doch einige Forscher warten nur darauf, die Insekten sammeln und untersuchen zu können: Wissenschaftler vom Hamburger Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) wollen herausfinden, ob deutsche Mücken das West-Nil-Fieber übertragen. Auf dem Kongress "Infection Epidemiology" steht die Forschung zum West-Nil-Virus auf der Tagesordnung. Im vergangenen Jahr gab es eine Infektionswelle in den USA. Auch in südeuropäischen Ländern wie Griechenland erkrankten und starben mehrere Menschen.

"Die Frage ist, ob sich die Viren in den Mücken vermehren und so überleben können", sagt die Biologin Stefanie Müller. Die BNI-Forscher haben schon zahlreiche Mücken aus Deutschland unter die Lupe genommen und sie im Labor mit West-Nil-Viren infiziert. Vermehren sich die Viren in den Mücken, könnten sie möglicherweise auf Menschen oder Vögel übertragen werden. Das Tückische an der Infektion ist, dass sie bei vielen Menschen unbemerkt verläuft. Sie kann zu grippeähnlichen Beschwerden und in bestimmten Fällen zu lebensgefährlichen Entzündungen des Gehirns oder der Hirnhäute führen.

Für die Versuche bekommen die Mücken ein Gemisch aus Fruktose, Blut und Viren als Nahrung auf Watte geträufelt. "Nach einigen Tagen wird ein Teil der Mücken sozusagen zermatscht, es bleibt Flüssigkeit übrig, in der sich dann die Viren befinden müssten", erklärt Müller. "Nach 21 Tagen untersuchen wir weitere Mücken und schauen, ob sich die Viren vermehrt haben." Für exakte Ergebnisse müssten aber noch viele Tierchen untersucht werden. Im Gebäude des BNI gibt es für die Experimente ein Hochsicherheits-Insektarium.

5400 Patienten in den USA

In den Vereinigten Staaten hat sich das West-Nil-Virus inzwischen flächendeckend ausgebreitet. Es wurde durch Zugvögel aus Afrika eingeschleppt und 1999 entdeckt. Im vergangenen Jahr erlebte das Land einen besonders heftigen Ausbruch des West-Nil-Fiebers. Nach Angaben der US-Gesundheitsbehörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) meldeten 48 Staaten bis Mitte Dezember rund 5400 Patienten. 243 Menschen starben. Die Viren können sich dort so gut ausbreiten, weil sie von Culex-Mücken übertragen wurden, die sowohl Menschen als auch Vögel stechen, wie Müller erläutert.

In Deutschland gibt es bislang nur eingeschleppte Krankheitsfälle. Die Patienten haben sich bei Reisen in andere Länder angesteckt. "Sie waren etwa in Ägypten, Tunesien, Montenegro oder auf der griechischen Insel Korfu", sagt Müllers Kollege Jonas Schmidt-Chanasit.

Zurzeit wird mit einem neuartigen Gentest untersucht, ob die Culex-Mücken aus den Vereinigten Staaten auch in Deutschland vorkommen. Diese Untersuchung gehört zu einem Projekt, bei dem eine Mückenkarte erstellt werden soll. Wissenschaftler mehrerer Institute wollen sich ein realistisches Bild über die Infektionsgefahr durch eigentlich tropische Viren machen und im Ernstfall gewappnet sein.

Forscherin Müller hat ihre bisherigen Ergebnisse für einen Vortrag für den zweitägigen Kongress am BNI zusammengefasst. Veranstalter ist das Leibniz Center Infection, eine Allianz verschiedener Institute im Norddeutschland. Auf dem Programm steht auch ein Bericht über Usutu-Viren, die in den Jahren 2011 und 2012 ein Amselsterben in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz auslösten. Weitere Themen auf dem LCI-Symposium sind Forschungsergebnisse zu Tuberkulose und Malaria, die Überwachung von Antibiotika-resistenten Keimen und ein Rückblick auf den EHEC-Ausbruch im Jahr 2011.

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