Gartenzwerge sollen Weltkulturerbe werden

Trusetal · Gartenzwerge stehen noch immer in so manchem Vorgarten. Doch Anhänger der Keramik-Geschöpfe sehen sie oft missbraucht: für Werbung, politisch, rassistisch, sexistisch. Jetzt fordern sie mehr Artenschutz.

Im Trusetal im Thüringer Wald wollen sich an diesem Samstag Anhänger für eine besondere Spezies stark machen: die deutschen Gartenzwerge . "Immer wird auf den Zwergen herumgehackt, die sich nicht wehren können", sagte der Leiter des dritten Zwergenkongresses, Frank Ullrich . "Warum wird nicht eine andere Figur genommen?"

Die kleinen Männchen mit ihren roten oder blauen Zipfelmützen müssten für alle möglichen Vergleiche und Diffamierungen in Politik und Gesellschaft herhalten. Sie würden für rassistische oder sexistische Zwecke missbraucht oder in der Werbung entwürdigt. So sieht es Ullrich.

Dagegen wollen der Zwergenkongress und die 2006 gegründete Internationale Zwergenpartei mit etwa einhundert Mitgliedern vorgehen. "Geplant ist am Samstag eine Resolution an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes." Zu ihrer Tagung kommen die Zwergen-Fans im Zwergen-Park Trusetal zusammen, in dem auf knapp 5000 Quadratmetern rund 2500 der possierlichen Gartenzwerge in historischen und modernen Formen ausgestellt sind.

Der traditionell aus Ton und Keramik hergestellte deutsche Gartenzwerg gerate außerdem zunehmend zur Minderheit gegenüber neuen PVC-Formen, die zumeist aus dem Ausland kämen, klagte Ullrich.

Nach dem Wunsch der Gartenzwerg-Fans soll der deutsche Gartenzwerg deshalb auf die Unesco-Welterbeliste für immaterielles Kulturerbe der Menschheit gesetzt werden: Darauf stehen unter anderem der argentinische Tango, die Heilig-Blut-Prozession im belgischen Brügge und die Manden-Charta in Mali, die als älteste Verfassung der Welt gilt.

Die Zukunft des traditionellen deutschen Gartenzwerges sei ungewiss. Es gebe nur noch einen großen deutschen Hersteller der einst massenhaft produzierten Figuren im thüringischen Gräfenroda. Das Familienunternehmen mit 140-jähriger Geschichte habe bislang keinen Nachfolger für Inhaber Reinhard Griebel, sagte Ullrich.

Die Geschichte der beliebten Zipfelmännchen mit aussagestarken Gesichtern und unterschiedlichsten Posen und Arbeitsgeräten begann Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Entstehen der Schrebergärten, wie Ullrich erläuterte. Nach landläufiger Meinung stand die Wiege des Gartenzwerges in Thüringen. Das könne aber nicht belegt werden. Der älteste bekannte Nachweis eines Gartenzwerges stamme von 1886 aus einer Manufaktur in Neuwedel im damaligen Preußen, der älteste Nachweis in Thüringen datiert aus dem Jahr 1893.

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