Garmisch vermisst die Russen

München · Urlauber aus Russland gehören seit Jahren wie selbstverständlich zu den Wintersportorten in den Alpen. Doch seit dem Ukraine-Konflikt und den damit verbundenen Sanktionen des Westens bleiben viele weg.

Das Klischee vom Wodka trinkenden und Gläser hinter sich werfenden Raubein bedienen sie schon lange nicht mehr. Stattdessen dinieren sie in Feinschmeckerrestaurants und logieren in Luxushotels. Ein abendlicher Besuch in der Spielbank gehört ebenso zum Programm, tagsüber tummeln sie sich unter Anleitung russisch-sprachiger Skilehrer auf den Pisten. Urlauber aus Russland sind in den bayerischen Skigebieten eine feste Größe. Doch seit dem Ukraine-Konflikt und den damit verbundenen Sanktionen der EU bleiben viele Russen weg.

Der Rubel rollt nicht mehr - gegenüber dem Euro befindet er sich im freien Fall. Selbst für wohlhabende Russen ist ein Familienurlaub in den bayerischen Alpen ein teurer Spaß geworden. Entsprechend sind die Zahlen russischer Gäste zurückgegangen.

Von Januar bis September sank die Zahl russischer Urlauber in Oberbayern um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, bei den Übernachtungen beläuft sich das Minus sogar auf 5,8 Prozent. Knapp 500 000 Übernachtungen waren es immerhin noch - weil zu Jahresbeginn der Ukrainekonflikt noch kein Thema war. Drastisch fällt der Rückgang im September aus, wie das Statistische Landesamt errechnet hat: minus 20 Prozent bei den Ankünften und minus 21 Prozent bei den Übernachtungen, jeweils gegenüber September 2013.

Einer der beliebtesten Urlaubsorte zahlungskräftiger Russen ist Garmisch-Partenkirchen. Russische Millionäre kauften oder bauten sich sogar Zweitwohnsitze zu Füßen der Zugspitze. Doch nun verzeichnet auch Tourismusdirektor Peter Ries einen deutlichen Rückgang von Urlaubern aus Russland. 5,1 Prozent beträgt er seit Jahresbeginn bei der Gästezahl, 8,4 Prozent bei den Übernachtungen, jeweils verglichen mit dem Vorjahreszeitraum. Ries hat eine Reihe von Hotels abgefragt und überall die Antwort bekommen, dass für den Winter weniger Buchungen russischer Gäste vorliegen. "Wir versuchen zielgenau auf dem russischen Markt weiterhin tätig zu sein und den potenziellen Gästen zu vermitteln, dass sie bei uns willkommen sind", sagt Ries. Für das Geschäft zur Jahreswende ist dies freilich viel zu spät. "Wir haben schon noch Anfragen aus Russland", sagt Andreas Griess vom Hotel Rheinischer Hof in Garmisch-Partenkirchen, "aber deutlich weniger." Der Inhaber des familieneigenen 75-Betten-Hotels rechnet für diesen Winter mit einem Rückgang von 40 Prozent bei den russischen Urlaubern.

Sorgen macht man sich auch in Baden-Baden: Von Januar bis September wurden bei Russen - dazu zählt die kommunale Statistik auch Ukrainer - 10 000 Übernachtungen weniger verzeichnet. Das sind 16,2 Prozent Rückgang zum Vorjahr. Gewöhnlich hat die "russischste Stadt" Deutschlands um die 80 000 Übernachtungen dieser Gruppe. "Für Baden-Baden ist es schade, wenn die Gäste von dort nicht mehr kommen", bedauert Tourismus-Chefin Brigitte Goertz-Meissner. Mit Reiseveranstaltern von dort arbeite man aber weiter "ganz normal" zusammen.

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