Gänsehaut am Selbstmörderfriedhof

Amsterdam. Vor der Nieuwe Kerk in Amsterdam bekommt dieser Tage so mancher eine Gänsehaut. "Unter uns liegen die Opfer der ersten Finanzkrise der Welt", sagt Tourveranstalter Raoul Serrée. Hier befand sich der "Ellendige Kerkhof", die letzte Ruhestätte für Verbrecher, zu denen in Holland einst auch die Selbstmörder gezählt wurden

 Bei der Großen Tulpenmanie in Holland im 17. Jahrhundert wurden Tulpenzwiebeln wie die der hier abgebildeten Semper Augustus zum Spekulationsobjekt. Viele einfache Niederländer wurden seinerzeit zunächst unglaublich reich und dann über Nacht bettelarm. Foto: dpa

Bei der Großen Tulpenmanie in Holland im 17. Jahrhundert wurden Tulpenzwiebeln wie die der hier abgebildeten Semper Augustus zum Spekulationsobjekt. Viele einfache Niederländer wurden seinerzeit zunächst unglaublich reich und dann über Nacht bettelarm. Foto: dpa

Amsterdam. Vor der Nieuwe Kerk in Amsterdam bekommt dieser Tage so mancher eine Gänsehaut. "Unter uns liegen die Opfer der ersten Finanzkrise der Welt", sagt Tourveranstalter Raoul Serrée. Hier befand sich der "Ellendige Kerkhof", die letzte Ruhestätte für Verbrecher, zu denen in Holland einst auch die Selbstmörder gezählt wurden. Und Selbstmörder hat die Große Tulpenmanie, die als "frühestes historisches Vorbild" der heutigen Kreditkrise gilt, in großer Zahl hervorgebracht.

"Wir können uns vor Anfragen kaum retten", berichtet Serrée. Er ist ein wandelndes Beispiel dafür, dass jede Krise auch Gewinner kennt. Die Schlagzeilen brachten ihn auf die Idee. Heute sind seine "Krisentouren auf den Spuren der Tulpenmanie" ein Renner. "Selbst echte Banker kommen, um sich für zwölf Euro erzählen zu lassen, wie und warum damals das Finanzsystem zusammenbrach."

Fast vier Jahrhunderte liegt jene Anlegerhysterie zurück, die als Große Tulpenmanie in die Geschichte einging. Damals hatte die Verenigde Ost-Indische Compagnie (VOC), die durch den Handel mit dem Fernen Osten zum ersten Weltkonzerne wurde, gerade das Aktiengeschäft eingeführt. Sie gaben Anteilsscheine aus, die sich auch Handwerker oder Bäcker leisten konnten. Der Gedanke an Reichtum mittels Aktien war schon da, als wenig später Tulpen aus Asien in Holland ankamen. Die Nachfrage nach der "Lieblingsblume der Sultane" wurde in den begüterten und prestigebewussten Familien rasch immer größer. Die Preise für Tulpenzwiebeln schossen in die Höhe. 1636 wurden selbst Zwiebeln, die noch im Boden lagen und von denen niemand genau wissen konnte, ob sie gedeihen oder vielleicht vom Frost zerstört werden würden, per Anteilsschein erworben. Das war die Geburt des Handels mit Optionen bei ungebremsten Risiko, wie ihn später auch die Hypothekenspekulanten in den USA praktizierten. Gehandelt wurde damals in fast jeder zweiten Amsterdamer Kneipe, die sich abends in hektische und vom Alkohol beflügelte Tulpenbörsen verwandelte. Im Februar 1637 hatte die Manie derartige Ausmaße angenommen, dass für die begehrtesten Zwiebeln Summen gezahlt wurden, die dem Preis ganzer Stadtvillen entsprachen. "Alle sind angesteckt", hieß es in einem zeitgenössischen Bericht. "Fleischer, Torwächter, Schiffsmakler, Gastwirte, Studenten, Barbiere, Schornsteinfeger, Steuereintreiber, Torfstecher, nicht eine Schicht bleibt ausgespart." Dann platzte die Blase über Nacht. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich, dass bei einer der Auktionen mehreren der als "Floristen" bezeichneten Händler der Mut zum Risiko und wohl auch das Geld ausgegangen war. Plötzlich gab es ein Überangebot an Tulpenzwiebeln. Statt damit zu handeln, wurden sie als Nahrung an Hungernde verteilt. "Die Warteschlangen vor den Suppenküchen schwollen gewaltig an mit Leuten, die eben noch Millionäre waren", sagt Serrée am Endpunkt seiner Tour - dem Restaurant "De Keuken", wo einst Barmherzige die Armen und Verarmten speisten und heute auch Banker gern ihren Lunch einnehmen. "Selbst echte Banker kommen, um sich erzählen zu lassen, wie und warum damals das Finanzsystem zusammenbrach."

Tourveranstalter

Raoul Serrée

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