Fürstlich wohnen zum Nulltarif

London. Hier residierte Madonna, hier reiht sich ein Nobelhotel ans andere, und in den Autohäusern stehen Maseratis und Aston Martins zum Verkauf: Die Londoner Park Lane in Mayfair gehört zu den begehrtesten Wohnlagen der britischen Hauptstadt. Die Stadtvillen Nr. 94 und 95 aus dem 19

London. Hier residierte Madonna, hier reiht sich ein Nobelhotel ans andere, und in den Autohäusern stehen Maseratis und Aston Martins zum Verkauf: Die Londoner Park Lane in Mayfair gehört zu den begehrtesten Wohnlagen der britischen Hauptstadt. Die Stadtvillen Nr. 94 und 95 aus dem 19. Jahrhundert sind je 16 Millionen Euro wert: 2000 Quadratmeter Wohnfläche, Penthouse-Wohnung, Blick auf den Hyde Park. Bewohnt werden die Häuser aber nicht von Prominenten, Aristokraten oder Wirtschaftsgrößen, sondern von rund 30 jungen Leuten - Hausbesetzern aus ganz Europa."Ich habe nur die Tür aufgeschoben", sagt ein junger Mann im Haus Nr. 95, der sich als Stick vorstellt. Da keine Journalisten ins Haus gelassen werden, findet das Gespräch durch den Briefkastenschlitz statt. Im November habe er das Haus entdeckt, zusammen mit anderen Künstlern, die eine Bleibe suchten. "Die Tür war offen", betont er. Er weiß, dass dieses Detail wichtig ist. Ein unbewohntes Haus zu besetzen ist in England nicht illegal, es sei denn, es ist Einbruch oder Sachbeschädigung im Spiel. Stick zufolge stand die siebenstöckige Residenz mit den schmiedeeisernen Balkongeländern und den Erkerfenstern wegen Renovierungsarbeiten zwei Jahre lang leer. Es gebe keine Zentralheizung in dem schmucken Gebäude georgianischer Bauart und auch keine Dusche. Neuankömmlinge müssten deshalb als eine Art Eintrittskarte Heizmaterial mitbringen, sagt der Künstler.Räumungstermin stehtSticks Mitbewohner Andreas nennt die Lebensumstände in dem Haus "nicht schlecht". Er habe aber schon bessere gesehen. Der Schwede mit dem wilden Bart lebt seit zwei Jahren im teuren London und hat noch nie Miete bezahlt, wie er sagt. "Ich finde immer ein Plätzchen." Seine längste Besetzung dauerte acht Monate. In der Park Lane wird es nicht so lange gehen: Noch während der Unterhaltung kommen zwei Gerichtsboten und kleben eine amtliche Bekanntmachung an die Tür: Es wurde ein Gerichtstermin zur Räumung festgesetzt. Zwei Besetzer kippen als Antwort Wasser vom Balkon. "Wir wussten, dass es hier nicht lange geht", sagt Andreas. "Wir werden in ein paar Wochen ausziehen müssen." Er hofft nun auf einen neuen Unterschlupf in einer ärmeren Gegend Londons, "wo die Anwälte nicht so schnell sind mit der Räumung".Eigentümer der Häuser in der Park Lane ist der Herzog von Westminster, der als reichster Mann Großbritanniens gilt. Ein Sprecher seiner Maklerfirma Grosvenor teilt mit: "Wir haben zu den Anwälten des Pächters Kontakt aufgenommen und ihn gebeten, das Problem unverzüglich zu lösen." Die Anwohner in der Park Lane wollen sich zu ihren gegenwärtigen Nachbarn nicht äußern. Andreas betont, das Verhältnis sei gut: "Die Nachbarn sind echt nett. Ich habe einen Kühlschrank von einem bekommen." Dem 20-jährigen Kunststudenten Daniel Moreira gefällt es ebenfalls in der Park Lane. Alle Mitbewohner seien "nette Leute". "Es gibt keine Junkies da drinnen." Dass Hausbesetzer mitunter als Schmarotzer gesehen werden, kann Daniel verstehen: "Ich glaube, das ist angemessen. Schließlich haben wir ein Haus besetzt."

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