"Fröhliches" Lehrer-Jagen

Wien/Graz. Der schockierende Zwischenfall machte in Österreich Schlagzeilen: Im Wirtschaftsgymnasium von Fohnsdorf in der Steiermark attackieren vier 15-jährige Schülerinnen ihren Kunstlehrer während des Unterrichts mit leeren Getränkeflaschen

Wien/Graz. Der schockierende Zwischenfall machte in Österreich Schlagzeilen: Im Wirtschaftsgymnasium von Fohnsdorf in der Steiermark attackieren vier 15-jährige Schülerinnen ihren Kunstlehrer während des Unterrichts mit leeren Getränkeflaschen. Sie bespritzen ihn mit Farbe, beschimpfen ihn, schlagen auf ihn ein und jagen den schockierten Pädagogen anschließend durch die Gänge, bis dieser sich in einen Raum einschließt. Die ganze Szene wird von einem Mädchen mit dem Handy gefilmt, während die anderen versuchen, die Tür einzutreten. Erst als es dem bedrohten Lehrer gelingt, seine Kollegen zu alarmieren, ist der Spuk vorbei. Die Mädchen sind seither vom Unterricht suspendiert und müssen mit Strafverfolgung rechnen. Die Attacke des Quartetts vor wenigen Tagen war kein Einzelfall. Immer häufiger, warnen Psychologen und die Polizei, kommt es unter Schülern in der Alpenrepublik zu dieser Form der Gewalt, die Pädagogen, Schulbürokraten und -Psychologen gleichermaßen ratlos macht. "Happy Slapping" (englisch: "fröhliches Schlagen") heißt der Trend unter Schülern, die eigene Gewalt gegen Schulkameraden oder Lehrer mit dem Handy zu filmen. Anschließend werden die Aufnahmen ins Internet oder auf den Schulserver gestellt. Ähnliches geschah 2007 im Baden-Württembergischen Pullendorf, wo fünf Mädchen ihre 14-jährige Kameradin stundenlang misshandelten, sie mit brennenden Zigaretten quälten, und sie dabei mit dem Handy filmten. "Man könnte sagen, dass ,Happy Slapping' schon grassiert", meint der Schulpsychologe Josef Zollneritsch. Es gebe einen "Mix an Motiven", "Frustkompensation, Revanchegelüste, gruppendynamisches Aufsteigen", erklärt der Leiter der Abteilung Schulpsychologie im Landesschulamt Steiermark. Für den Wiener Kinder- und Jugend-Psychiater Max Friedrich, der als Notfall-Psychologe das Entführungsopfer Natascha Kampusch behandelte, ist die zunehmende Gewalt an den Schulen, die ihren Ausdruck in "Happy Slapping" findet, "eine Tragödie", gegen die es allerdings keine kurzfristigen Heilmittel gebe. Für Friedrich steht der Lehrer heute als Symbol "für viel Frustration". Für den Experten kommt die Eskalation der Gewalt an den Schulen nicht überraschend. "Unsere Lehrer sind in ihren Fächern ausgezeichnet ausgebildet, aber an die Erziehung wurde leider nicht gedacht", beklagt Friedrich. Die meisten seien "in der wichtigen Technik der De-Eskalation nicht ausgebildet". Dies sieht der Schulpsychologe Zollneritsch ähnlich. "Es hat auch viel mit Lehrerprofessionalität zu tun, ob sie mit Verhaltensstörungen umgehen wollen und können."

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