Frei und zurück in der Heimat

Paris. Müde und ein wenig fassungslos wirkte Florence Cassez gestern bei ihrer Ankunft in Paris: Sie ist frei. Endlich frei nach sieben Jahren Haft in Mexiko, gequält von der bangen Frage, ob sie jemals in ihrem Leben noch etwas anderes sehen würde als ein Gefängnis

Paris. Müde und ein wenig fassungslos wirkte Florence Cassez gestern bei ihrer Ankunft in Paris: Sie ist frei. Endlich frei nach sieben Jahren Haft in Mexiko, gequält von der bangen Frage, ob sie jemals in ihrem Leben noch etwas anderes sehen würde als ein Gefängnis. Wenige Stunden nach der Entscheidung des Obersten Gerichts am Mittwochabend, sie sofort zu entlassen, befand sich die 38-Jährige bereits im Flugzeug nach Frankreich. Mit großer Emotion und wie eine Heldin wurde sie in ihrer Heimat empfangen, wo man sie stets als unschuldigen Sündenbock für ein mangelhaftes Justiz- und Polizeisystem in Mexiko sah. "Ich habe sieben Jahre als Opfer gelitten", sagte Cassez. "In meinem Kopf war ich immer frei."Im Dezember 2005 waren Cassez und ihr früherer mexikanischer Freund Israel Vallarta vor laufenden Kameras auf dessen Ranch südlich von Mexiko-Stadt festgenommen worden, aus der drei Geiseln befreit wurden, für die Vallarta Lösegeld erpressen wollte. Er stützte zwar ihre Beteuerung, sie habe nichts von den Entführungen gewusst und die Zeugen lieferten widersprüchliche, teilweise unter Folter entstandene Aussagen. Der verantwortliche Polizeichef musste später sogar zugeben, die angebliche "Live-Verhaftung" einen Tag nach der eigentlichen Festnahme für die Medien inszeniert zu haben; auf diese Weise wollte man der Bevölkerung wieder Vertrauen in eine effiziente Polizei im Kampf gegen die Kriminalität geben. Dennoch verurteilte ein mexikanisches Gericht Cassez zu 96 Jahren Haft wegen Beihilfe zur Entführung, Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Waffenbesitz, die in einem Berufungsprozess 2009 auf 60 Jahre abgemindert wurden. Ihr Anwalt kritisierte eine "Farce".

Während man in Frankreich, wo nicht nur die Höhe des Strafmaßes als aberwitzig galt, sondern auch die Umstände des Prozesses, Anteil nahm am Schicksal der hübschen jungen Frau aus dem nordfranzösischen Lille, galt sie in der mexikanischen Öffentlichkeit als "teuflische Französin" und eiskalte Gangsterbraut, die ihre gerechte Strafe bekam - stellvertretend für die vielen Geiselnehmer, die die Menschen terrorisieren. Erst zuletzt drehte sich die Meinung, auch unter Mithilfe so prominenter Fürsprecher wie des Schriftstellers Carlos Fuentes. Das Urteil am Mittwoch unter großer medialer Aufmerksamkeit war ihre letzte Hoffnung: Drei von fünf Richtern sprachen sich schließlich für ihre Freilassung aus.

Für Florence Cassez, ihre Familie und Unterstützer gehe eine sehr schmerzhafte Zeit zu Ende, erklärte Präsident François Hollande noch am selben Abend. Heute wird die 38-Jährige das Staatsoberhaupt persönlich treffen.

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